Kandersteg
(Kt. Bern, Amtsbez. Frutigen, Gem. Kandergrund). 1169 m. Gemeindeabteilung und Dorf, im Hintergrund des Kanderthales; in einem 4,1 km langen und 0,5 km breiten, von der Kander durchflossenen, nach N. geöffneten und fast ebenen Thalboden; mitten in schöner Gebirgslandschaft. Am Weg über die Gemmi. 12,4 km s. der Station Frutigen der Linie Spiez-Frutigen. Postbureau, Telegraph (im Sommer), Telephon; Postwagen Frutigen-Kandersteg. Das Dorf wird von mehreren einzelnen Häusergruppen (Kappelen, Niedermatte etc.) gebildet.
Zusammen 79 Häuser, 445 reform. Ew. Kirchgemeinde Kandergrund. Mehrere Gasthöfe. Ausgezeichneter Ausgangspunkt für Hochgebirgstouren (Wilde Frau, Wildstrubel, Balmhorn etc.), tüchtige Bergführer mit festem Tarif. Alpwirtschaft. Aufgeweckter Menschenschlag. Einige Häuser, besonders das sog. Rüedihaus, zeichnen sich durch typische Bauart aus. Kapelle aus dem Anfang des 16. Jahrhunderts mit schöner Wappenscheibe aus 1627. Darin wird monatlich zweimal vom Pfarrer von Kandergrund Gottesdienst gehalten.
Zahlreiche Passübergänge führen in die benachbarten Thalschaften, so die Gemmi in 6 Stunden nach Leukerbad, der Lötschenpass (2695 m) in 9 Stunden nach dem Lötschenthal, der Tschingelpass (2884 m) in 12 Stunden nach Lauterbrunnen, der Hohthürlipass (2707 m) nach dem obern Kienthal und von da entweder nach Reichenbach (12 Stunden) oder über die Sefinenfurgge nach Mürren und Lauterbrunnen (14 Stunden), die Wege über den Allmengrat (2530 m) und Engstligengrat (2659 m) in 6½ Stunden nach Adelboden.
In den
Bergen um Kandersteg
stehen drei
Hütten des S. A. C., nämlich auf dem
Hohthürli
(Blümlisalp), dem Biberg
(Doldenhorn)
und auf
Wildelsigen
(Balmhorn). Nach N. schöner Blick in das um eine etwa 180 m hohe Stufe
(Bühlstutz)
tiefer gelegene Thal von
Kandergrund und auf die
Niesenkette; rechts die Felsenbastion der
Birre mit ihrer verwickelten Schichtenlagerung.
Nach O. öffnet sich der tiefe Einschnitt des Oeschinenthales,
aus dem die
Blümlisalp und die
Doldenhörner hervorleuchten.
Diese senken sich mit den steilen
Wänden des
Fisistockes nach dem Thalgrund hinunter und setzen sich nach
S. bis zu der von Kandersteg
aus fast unbemerkbaren
Klus fort, durch die die
Kander aus dem
Gasterenthal tritt. Nach S. beherrscht
das
Gellihorn den Thalabschluss und den Aufstieg zur
Gemmi. Westl. davon öffnet sich das
Ueschinenthal (eigentlich die
direkte Fortsetzung des
Kanderthales), während die Kette des
Lohner mit ihren steilen und von schmalen Rasenbändern durchsetzten
Felshängen die linksseitige Thalwand bildet.
Die fruchtbare Alluvionsebene von Kandersteg
bildete von der
Klus bis hinunter zum Querriegel des
Bühlstutz vielleicht einmal
einen
langen See. Dieser direkt vor der Ausmündung des Oeschinenthales liegende Riegel soll nach Brückner
sein Dasein einem
Bergsturz verdanken; wahrscheinlicher ist er aber eine Moränenablagerung des einstigen Oeschinengletschers,
auf die dann später ein
Bergsturz vom
Fisistock niedergegangen ist, der seine Trümmer noch weithin in die
Ebene von
Mitholz
und Kandersteg
geworfen hat. Zu beiden
Seiten des
Thales von Kandersteg
kommen aus den Kalken und tertiären
Sandsteinen des
Fisistocks und
Lohner mächtige Quellen zu Tage, indem sie die alluviale Schuttdecke von unten nach oben durchbrechen.
Nach dem einen Projekt wird Kandersteg
(1200 m) der Ausgangspunkt des künftigen Lötschbergtunnels (13-14 km lang) sein,
während das andere Projekt den
Tunnel (in diesem Fall 18-20 km lang) tiefer legen und bei der
Schlossweide
am Fuss des
Bühlstutz in etwa 1000 m beginnen lassen will.