Knabenseminare
(Knabenkonvikte), bischöfliche Lehr- und Erziehungsanstalten zur Heranbildung künftiger Geistlichen. Derartige Anstalten bei jeder Kathedrale zu begründen, machte das tridentinische Konzil den katholischen Bischöfen in seiner 23. Sitzung zur Pflicht. Die Zöglinge treten in diese Anstalten mit dem 12. Jahr ein, empfangen sofort geistliche Kleidung, Tonsur etc. und bleiben in denselben unter strenger Abschließung nach außen bis zur Priesterweihe.
Die bischöflichen Seminare wurden 1780 in Österreich [* 2] aufgehoben. Seitdem ist fast beständig in allen größern Staaten Streit über die Oberaufsicht der Seminare gewesen, welche der Staat in Anspruch nimmt, die Kirche dem Staat verweigert. Darüber ist es neuerdings in Deutschland [* 3] zur Schließung einer ganzen Anzahl dieser Anstalten gekommen. Erst in den letzten Jahren ist eine Reihe derselben (z. B. in Schiltigheim bei Straßburg, [* 4] in Breslau, [* 5] in Fulda [* 6] etc.) nach Verständigung der Bischöfe mit der Staatsgewalt wiederhergestellt worden.
Innerhalb der evangelischen Kirche findet sich etwas Analoges fast nur in Württemberg, [* 7] wo in der Reformationszeit einige Klöster als Schulen zur Vorbildung künftiger Theologen eingerichtet wurden, die seit 1806 amtlich als Seminare bezeichnet werden. Doch ist hier selbstverständlich die Abschließung nicht in der Weise durchgeführt wie in den katholischen Anstalten; auch sind die Seminare zu Maulbronn, Blaubeuren, Schönthal und Urach Staatsanstalten und können sich daher nie dem nationalen Leben in dem Maß wie jene entfremden.