Lobkowitz,
altes böhm. Geschlecht, welches früher Ujezd hieß, sich aber im 15. Jahrh. nach dem Schloß Lobkowitz benannte. 1440 teilte es sich in die Popelsche und die Hassensteinsche Nebenlinie, welch letztere 1789 erlosch. Erstere zerfiel wieder in die Bilinsche, die 1722 erlosch, und die Linie zu Chlumetz, welche von Kaiser Maximilian II. die Reichsfürstenwürde erhielt. 1715 spaltete sich das Geschlecht wieder in eine ältere und eine jüngere Linie, welche beide seit 1807 den Titel eines Herzogs von Raudnitz und Fürsten von Lobkowitz führen. Beide Linien sind katholisch. Das gegenwärtige Oberhaupt der ältern Linie ist Fürst Moritz, geb. 2. Juni 1831, Obersterblandschatzmeister des Königreichs Böhmen und erblicher Reichsrat in Österreich, das der jüngern Linie Fürst Georg Christian Franz, geb. 14. Mai 1835. Die namhaftesten Sprößlinge des Geschlechts sind:
1) Boguslaw ^[richtig: Bohuslaw], aus der Linie Hassenstein, geb. 1462, war einer der gelehrtesten Männer seiner Zeit und machte sich um die böhmische Litteratur und Kultur verdient; starb 11. Nov. 1510. Eine Auswahl seiner Oden, Elegien und Briefe lieferte Winaricky (Prag 1832). Vgl. Cornova, Der große Böhme Bohuslaw Lobkowitz (Prag 1808).
2) Wenzel Eusebius, Fürst von, einflußreicher Minister Kaiser Leopolds I., aus der Chlumetzer Linie, geb. 20. Jan. 1609, diente während des Dreißigjährigen Kriegs in der kaiserlichen Armee, wurde 1640 Feldzeugmeister, 1647 Feldmarschall, 1652 Hofkriegsratspräsident, betrieb 1658 mit Erfolg Leopolds I. Kaiserwahl und ward 1669 nach dem Sturz Auerspergs erster Geheimrat u. leitender Minister. Sein Ideal war Ludwig XIV., mit dem er daher auch den Frieden aufrecht zu erhalten suchte; nach dessen Muster wollte er eine absolute kaiserliche Gewalt in Österreich aufrichten. Mit blutiger Strenge unterdrückte er 1670 den Aufstand in Ungarn und gehörte zu der maßgebenden Hofpartei, welche dann die Verfassung Ungarns aufheben wollte. Weil er aber, auch nachdem wider seinen Willen 1672 der Krieg mit Frankreich begonnen hatte, noch im französischen Interesse wirkte, auch über den Kaiser sich verächtlich äußerte, wurde er durch seine zahlreichen Gegner, zu denen auch die Kaiserin Claudia Felicitas gehörte, des Hochverrats angeklagt (13. Okt. 1673) und 17. Okt. 1674 nach Raudnitz verwiesen, wo er 22. April 1677 starb. Vgl. A. Wolf, Fürst W. Lobkowitz (Wien 1869).
3) Johann Georg Christian, Fürst von, österreich. General, geb. 10. Aug. 1686, trat 1707 in das kaiserliche Heer, wurde 1732 Gouverneur von Sizilien, 1733 Feldmarschallleutnant, schloß 1733 die Kapitulation von Messina und wurde 1739 Generalgouverneur von Siebenbürgen. Im österreichischen Erbfolgekrieg befehligte er ein Armeekorps in Böhmen, unterlag aber 1742 gegen die überlegenen Streitkräfte der Marschälle Broglie und Belleisle bei Sahay. In Vereinigung mit dem Prinzen Karl warf er die Franzosen im Juni über die Moldau zurück bis nach Braunau und schloß Belleisle mit 16,000 Franzosen in Prag ein; doch gelang es diesem, da Lobkowitz nur über 20,000 Mann zu verfügen hatte, in der Nacht des 16. Dez. mit 12,000 Mann nach Eger abzuziehen. Der Rest der Besatzung ergab sich 2. Jan. 1743. In demselben Jahr stand Lobkowitz bei der Armee in Italien und vertrieb die Spanier aus Rimini, im August 1746 ward er zur Armee nach Deutschland berufen. Er starb 4. Okt. 1755 in Wien.
4) August Longin, Fürst von Lobkowitz, Herzog zu Raudnitz, geb. 15. März 1797, wurde 1826, nachdem er mehrere Stellen in Böhmen verwaltet, Gouverneur des Königreichs Galizien und erwarb sich um dieses namhafte Verdienste durch Förderung seiner geistigen und materiellen Interessen. Wegen der Schonung, die er 1831 den nach Galizien geflüchteten Polen zu teil werden ließ, 1832 abberufen, ward er zum Hofkanzler und 1834 zum Präsidenten des Münz- und Bergwesens ernannt. Das neue Münzgebäude in Wien verdankt ihm seine musterhafte Einrichtung. Lobkowitz starb 17. März 1842 in Wien.