Nemausus
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Stadt, s. Nîmes. ^[= (Nismes, spr. nihm), Hauptstadt des franz. Departements Gard, Kreuzungspunkt der Eisenbahnen ...]
Nemausus
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Nemausus,
Stadt, s. Nîmes. ^[= (Nismes, spr. nihm), Hauptstadt des franz. Departements Gard, Kreuzungspunkt der Eisenbahnen ...]
(Nismes, spr. nihm), Hauptstadt des franz. Departements Gard, Kreuzungspunkt der Eisenbahnen Lyon-Montpellier, Marseille-Tarascon-Clermont und Nîmes-Lunel, am Abhang einer Hügelkette der Cevennen 45 m ü. M. gelegen, zerfällt in die alte eigentliche Stadt mit engen Gassen und in die durch schöne Boulevards von ersterer getrennten neuen Stadtteile mit geraden Straßen. Bemerkenswerte neuere Bauwerke sind: die Kathedrale St.-Castor, die Kirche St.-Paul im romanischen Stil (1840-50 erbaut), die gotische Kirche Ste.-Perpétue, die 1870-75 im gotischen Stil erbaute Kirche St.-Baudile, die große protestantische Kirche (außerdem zählt Nîmes noch 6 evangelische Bethäuser);
ferner der Justizpalast, das Zentralgefängnis (1687 als Citadelle erbaut), das Theater [* 5] und das allgemeine Krankenhaus. [* 6]
Auf dem Esplanadenplatz erhebt sich eine schöne Fontäne mit Statuen von Pradier. 1874 wurde dem von Nîmes stammenden Kaiser Antoninus Pius ein Denkmal errichtet. Behufs Wasserversorgung der in wasserarmer Gegend gelegenen Stadt erbauten die Römer [* 7] eine große Wasserleitung [* 8] mit dem Pont du Gard, welche gegenwärtig ein Kanal [* 9] aus dem Rhône ersetzt. Außerdem besitzt Nîmes eine ¶
berühmte Quelle, [* 11] welche mit schönen Anlagen (Jardin de la Fontaine, zur Römerzeit Nymphäum mit Dianatempel) umgeben ist. Die Stadt zählt (1886) 62,198 (als Gemeinde 69,898) Einw. (darunter etwa 20,000 Protestanten). Von hoher Bedeutung ist die Industrie. Die Seidenweberei ist zwar bereits seit 1750 im Rückgang begriffen; dafür aber sind andre Gewerbszweige an ihre Stelle getreten, insbesondere die Fabrikation von Teppichen und Tischdecken, Shawls und Möbelstoffen, Foulards, Schnüren und Borten, Nähseide, Wirkwaren u. a. Die verschiedenen Zweige der Textilindustrie beschäftigen ca. 5500 Arbeiter, wozu noch die Gerberei, die Konfektion von Herrenkleidern, die Schuhfabrikation und die metallurgische Industrie, welch letztere namentlich Eisenbahnmaterial liefert, mit gegen 2000 Arbeitern kommen.
Neben der Industrie verdankt Nîmes seine Blüte [* 12] und seinen Wohlstand seinem regen Handelsverkehr. Die Hauptgegenstände desselben sind: Wein und Branntwein (trois-six), außerdem Seide [* 13] und Kokons, Spezerei- und Kolonialwaren, Getreide [* 14] und Mehl. [* 15] Von Unterrichts- und Bildungsanstalten besitzt Nîmes ein Lyceum, einen Lehrkurs für angewandte Chemie und Physik, eine Bildungsanstalt für Lehrer und eine solche für protestantische Lehrerinnen, eine Vorbereitungsanstalt für die evangelische Seelsorge, eine Zeichen-, Gewerbe- und Musikschule, eine allgemeine Bibliothek (50,000 Bände und 200 Manuskripte), eine protestantische Bibliothek, ein Museum für Kunst und Antiquitäten, ein Naturalienkabinett, eine Akademie, Gesellschaften für Medizin, Agrikultur, Gartenbau und Botanik. Nîmes ist Sitz des Präfekten, eines Bischofs und eines reformierten Kollegiums, eines Appellhofs, Tribunals und Assisenhofs, eines Handelsgerichts und einer Handelskammer, einer Filiale der Bank von Frankreich.
Stadt und Umgegend bieten noch viele Denkmäler aus dem römischen Altertum dar, darunter das berühmte wohlerhaltene Amphitheater (les Arènes), welches 24,000 Zuschauern Raum bietet und in neuerer Zeit zu Stiergefechte benutzt wird (s. Tafel »Baukunst [* 16] VI«, [* 17] Fig. 1, 2), wahrscheinlich unter Antoninus Pius erbaut; ferner die sogen. Maison carrée, ein trefflich erhabener Tempel [* 18] aus der Zeit des Augustus mit Säulenhalle an der Vorderseite, ein Dianatempel, das Augustusthor, die Ruine Tourmagne (wahrscheinlich ein kolossales römisches Grabdenkmal) u. a. 18 km nordöstlich von Nîmes liegt der berühmte Aquädukt Pont du Gard (s. Gard). Nîmes ist Geburtsort von J. ^[Jean] Nicot, welcher die nach ihm benannte Tabakspflanze in Frankreich einführte, des Volksdichters Reboul und des Staatsmanns Guizot. - Nîmes hieß bei den Kelten Nemausus (»Heiligtum, Tempel«) und war Hauptstadt der Volcae Arecomici in der Provincia Narbonensis.
Die Stadt war sehr volkreich und glänzend gebaut. 465 n. Chr. ward sie von den Westgoten, 507 von den Franken, 725 von den Sarazenen erobert und bis zu Pippins Zeiten behauptet. Nachdem Nîmes zum fränkischen Reiche gekommen, regierten daselbst »vicecomites« (Vicomtes), die unter den Herzögen von Septimanien standen. Im 10. Jahrh. machten sich dieselben unabhängig und führten seit dem den Titel Grafen. Nachdem es der König von Aragonien als Lehnsherr an sich gezogen, eroberte es 1226 König Ludwig VIII. von Frankreich, und 1259 trat es Jakob von Aragonien an Ludwig IX. förmlich ab. Im 16. Jahrh. war Nîmes eine der Hauptstädte der Hugenotten, welche sich trotz aller Verfolgungen und Bedrückungen in ziemlicher Anzahl daselbst behaupteten; trotz aller Friedensversuche herrscht seitdem ein schroffer Gegensatz zwischen den katholischen und protestantischen Einwohnern, der oft zu blutigen Kämpfen und in den Zeiten der Reaktion zu Verfolgungen der Protestanten führte, so 1791, 1815, wo die royalistischen Bandes Verdets in Nîmes grausame Gewaltthaten verübten, und 1830.
Vgl. Ménard, Histoire de la ville de Nîmes (Nîmes 1875, 7 Bde.);
Perrot, Histoire des antiquités de la ville de Nîmes (11. Aufl., das. 1856);
Durand, Découvertes archéologiques faites à Nîmes 1869-72 (das. 1870-76, 5 Hefte);
Pieyre, Histoire de la ville de Nîmes (das. 1888, 3 Bde.).