Rüster
[* 2]
(Ulme, Ulmus L., hierzu Tafel »Rüster«
),
Gattung aus der
Familie der
Ulmaceen, meist ziemlich
hohe
Bäume oder
Sträucher mit abwechselnden, aber deutlich in zwei
Reihen stehenden, stets ungleichseitigen, fiedernervigen,
einfach oder doppelt gesägten, kurzgestielten, meist sehr rauhen Blättern, vor den letztern erscheinenden, in
Büscheln
stehenden, zwitterigen
Blüten und ringsum geflügelten, nußartigen, einjährigen, einsamigen
Früchten.
Die Feldrüster
(U. campestris
L., s. Tafel), ein bis 30 m hoher
Baum mit ziemlich geradschaftigem
Stamm, stark aufgerissener
und gefurchter
Rinde, breit elliptisch eiförmigen, in eine schlanke
Spitze ausgezogenen, am
Grund schief herzförmigen, doppelt
sägeförmigen, beiderseits, namentlich auf der Oberseite, rauhen Blättern, sehr kurzgestielten
Blüten in dichten
Knäueln und am
Rand kahlen Flügelfrüchten.
Das
Holz
[* 3] ist blaß fleischrot mit braunem oder braunrotem
Kern und ziemlich breitem, gelbweißem
Splint; es ist grob, aber ziemlich
glänzend, hart, spaltet schwer, aber glatt und ist sowohl an der
Luft als unter
Wasser dauerhaft. Die Feldrüster
gedeiht
am besten auf frischem Auenboden, steigt bei uns im
Gebirge bis 800
m und verbreitet sich von
Sizilien
[* 4] bis
66° nördl.
Br., auch in Nordasien. Sie wölbt ihre
Krone erst im
Alter von 50-60
Jahren ab, erreicht eine
Höhe von mehr als 30
m und
ein
Alter von mehreren hundert
Jahren.
Sie besitzt in allen Teilen ein ungemein starkes Ausschlagvermögen, leidet von
Krankheiten und Feinden
wenig und wird erst im hohen
Alter gipfeldürr. An manchen Rüstern
bemerkt man an den
Zweigen stark hervortretende Korkflügel,
und derartige Rüstern
hat man als besondere Art, Korkrüster (U. suberosa
Ehrh.), aufgefaßt, während andre
Botaniker die
Artverschiedenheit in Abrede stellen. Die Rüster
neigt überhaupt zur Varietätenbildung, und
man kultiviert zahlreiche
Formen desselben.
Ebenso stark variiert die Waldrüster
(U. scabra Mill.), in Mitteleuropa und
Schweden,
[* 5] mit glatterm
Stamm, größern, rundlichen,
zugespitzten, am
Grund breit geöhrten, auf der Oberfläche oft steifhaarigen, unterseits zuerst weichhaarigen, in der
Regel
kürzer gestielten Blättern mit scharfen, übergebogenen Doppelzähnen und sehr reichlichem Samenansatz.
Von
Formen dieser Art sind in neuester Zeit die meisten Anpflanzungen gemacht worden. Die
Flatterrüster (Bastrüster
, U. laevis
Pall., U. effusa
Willd., s. Tafel), 10-30 m hoher
Baum, mit oberflächlich rissigem
Stamm, sehr ungleichseitigen, länglichen
und zugespitzten, oberseits glatten und unbehaarten, unterseits kurzhaarigen Blättern, langgestielten
Blüten und ungleich langgestielten
Früchten mit bewimpertem
Rand, wächst in
Europa
[* 6] bis zum
Ural und im nördlichen
Orient und
ist als Waldbaum besonders heimisch in den
Rhein-,
Donau- und Elbniederungen, vorzüglich im
Flachland.
Die
Ulmen gehören zu den schönsten Zierbäumen und sind von malerischer
Wirkung, unter günstigen Verhältnissen sind
sie auch sehr raschwüchsig. Sie waren schon im
Altertum, besonders bei den
Römern, sehr beliebt; man benutzte sie namentlich,
um den
Weinstock daran emporranken zu lassen. Das
Holz wird von
Wagnern,
Drechslern,
Maschinen- und Mühlenbauern und von Instrumentenmachern
sehr geschätzt und das Korkrüsterholz
ziemlich allgemein weit vorgezogen; besonders wertvoll ist die
Ulmenmaser (zu Gewehrschäften,
Ulmer Pfeifenköpfen). An Brennwert steht es dem Buchenholz wenig nach und wird der
Eiche gleichgestellt;
Rüsterbast
ist feiner und gefügiger als Lindenbast. Das
Laub ist gutes
Schaf- und Rindviehfutter. Die früher
¶
1. Blühender Zweig der Feldrüster
(Ulmus campestris).
3. Durchschnitt derselben.
4. Vorjähriger Trieb mit Fruchtbüscheln.
5. Vergrößerte Frucht im Durchschnitt.
6. Trieb mit Laubknospen.
7. Blühende Triebspitze der Flatterrüster (U. laevis).
8. Einzelne Blüte.
9. Stempel.
10. Vorjähriger Trieb mit Fruchtbüscheln.
11. Trieb mit Blüten- und Laubknospen. ¶
mehr
offizinelle innere Ulmenrinde wurde als adstringierendes Mittel benutzt. Die Rüstern verdienen Anbau und Pflege in den Wäldern,
der aber nur lohnend ist, wo frische Standorte und guter Boden zur Verfügung stehen. Sie machen größere Ansprüche als selbst
die Eichen. In reinen Beständen läßt sich die Rüster
nicht erziehen; als Mischholz im Hochwald, als Oberholz
im Mittelwald ist sie dagegen wohl geeignet, den Waldertrag zu heben. Sie schlägt lebhaft vom Stock aus, treibt auch Wurzelbrut
und ist deshalb auch im Niederwald wohl verwendbar.
Zur Aussaat sammelt man den Rüster
samen Anfang Juni, wo er die Reife erlangt hat, und säet ihn sofort
auf tief umgegrabenes, glatt geharktes Land im Saatkamp aus (pro Ar etwa 1,5 kg). Der Same wird nicht mit Erde bedeckt, sondern
nur schwach übersiebt und stark angegossen. Freisaaten im Wald empfehlen sich nicht. Will man die in Laubholzverjüngungsschläge
oder Mittelwaldschläge einbringen, so verpflanzt man sie im 3.-5. Jahr aus dem Saatkamp; sie verträgt
das Verpflanzen bis zur Heisterstärke leicht.
Auch durch Absenker (Ableger) läßt sie sich leicht verjüngen, ein Verfahren, welches besonders in Holland angewendet wird. Man biegt die einjährigen Stockausschläge (im Herbst) vorsichtig nieder, legt sie in Rinnen von etwa 0,25 m Tiefe, füllt die Rinnen unten mit Komposterde, oben mit dem ausgehobenen Boden zu und tritt sie fest an. Die Zweigspitzen läßt man 1,3 m hoch frei hervorstehen und richtet sie möglichst gerade in die Höhe. Schon im darauf folgenden Herbst können die Absenker, welche sich bis dahin gut bewurzelt haben, vom Mutterstamm getrennt und verpflanzt werden. Gewöhnlich werden sie hierbei gestummelt (über dem Wurzelknoten schräg abgeschnitten), damit sie einen geraden und schlanken Stamm treiben.