Titel
Schweiz.
I. Allgemeine Betrachtungen.
Name und Erklærung.
Den Namen Schweiz oder schweizerische Eidgenossenschaft (französisch Suisse, Confédération Suisse oder Confédération Helvétique; italienisch Svizzera, Confederazione Svizzera oder Confederazione Elvetica; rätoromanisch Svizzera oder Confederaziun Svizzera) trägt der im Herzen Westeuropa's zwischen Frankreich, Deutschland, Oesterreich und Italien gelegene republikanische Bundesstaat, der sich aus 25 souveränen kleinen Einzelrepubliken, den sog. Kantonen, zusammensetzt.
Der Name Schweiz ist eine für die deutsche Schriftsprache mundgerecht gemachte Form des Ausdruckes Schwyz (mit langem i), womit die Deutschschweizer in ihren verschiedenen Dialekten ihr Heimatland bezeichnen und der sich zuerst ausschliesslich blos auf einen der Urkantone, Schwyz, bezog. Diese Benennung muss im allgemeinen Sprachgebrauch zur Zeit der ersten Bünde der Eidgenossen in Gebrauch gekommen sein, und wir finden sie nach der Schlacht am Morgarten bei den Chronisten sowohl für den Kanton Schwyz allein als auch für die drei Waldstätte überhaupt verwendet.
Dabei kam der Ausdruck «Schwyzer» für die Bewohner des Landes stets häufiger zur Anwendung als der Name "Schwyz" für das Land selbst. 1320 finden wir Sweicz und 1350 die lateinische Form Suicia für das Land, und Suitenses für das Volk, sowie zur gleichen Zeit auch Swiz. Die Annalen des österreichischen Klosters Zwetl schreiben 1352, d. h. nach dem Beitritt Zürichs zur Eidgenossenschaft: Dux Albertus pugnaturus contra provinciam quae dicitur Sweincz und bezeichnen mit diesem Namen die sämtlichen Eidgenossen gemeinsam.
Nach dem Sempacherkrieg umfasste der Name die Eidgenossen, ihre Verbündeten und ihre Untertanen, und seit 1415 fand er auch in den offiziellen Schriftstücken, die bis dahin von der Schweiz als den «oberdeutschen Bünden» gesprochen hatten, Eingang. So findet sich in einem vom Herzog Sigismund von Oesterreich zu dieser Zeit ausgestellten Geleitsbrief die Stelle «allen Landlüten und Stätten in Switz», worunter offenbar die Eidgenossenschaft als Ganzes verstanden sein will.
Bis ins 18. Jahrhundert wechselten bei den deutschen Schriftstellern die Dialektform Schwyz und die schriftdeutsche Form Schweiz regellos miteinander ab, indem man mit beiden Bezeichnungen bald die ganze Eidgenossenschaft und bald nur den Kanton belegte. Johannes von Müller gab dann 1785 den beiden Formen dadurch ihre endgiltige und eindeutige Fassung, dass er den Namen Schwyz für den Flecken und den Kanton, den Namen Schweiz dagegen für das ganze Land in Anwendung brachte.
Vor der Zeit der ersten eidgenössischen Bünde trugen die Landschaften zwischen Alpen und Jura die Namen der sie bewohnenden Volksstämme, nämlich Helvetien westlich und Rätien östlich einer vom St. Gotthard zum Bodensee reichenden Linie. Die Grenzen dieser beiden Gegenden entsprachen aber, soweit sich wenigstens aus den Werken der lateinischen Schriftsteller erkennen lässt, keineswegs dem heutigen Gebiete der Schweiz. So wohnten im NW., d. h. im heutigen Berner Jura und in den Kantonen Solothurn und Basel, die Rauraker und in den Thälern und auf den Hochflächen des Jura die Sequaner, während Genf eine der Hauptstädte der Allobroger war und im Wallis die Nantuaten, Veragrer, Seduner und - zu oberst - noch die Uberer, die wahrscheinlich zu den Lepontiern gehörten, sassen.
Alle diese Stämme gehörten mit Ausnahme der Rätier der grossen gallischen Nation an und sprachen das Keltische in verschiedenen Dialekten. Das von den Lepontiern bewohnte Tessingebiet südlich der Alpen gehörte zum zisalpinen Gallien. Rätien reichte im O. weit über die heutige Landesgrenze hinaus und umfasste noch das südliche Baiern und Tirol. Alle diese einzelnen Namen gingen dann zur Zeit der Eroberung des Landes durch die Römer und der zahlreichen Barbareneinfälle zugleich mit den Völkerstämmen, die sie trugen, unter, bis einzelne von ihnen mit der Zeit der fortschreitenden Zivilisation und der Renaissance wieder zu Ehren gezogen wurden, so namentlich der Name Helvetien, der während der Epoche der französischen Revolution, als antike, griechisch-römische Bezeichnungen allgemein Modesache geworden waren, mit Vorliebe dem ganzen Gebiet der Eidgenossenschaft beigelegt ward und ¶
Schweiz: Inhaltsverzeichnis
SCHWEIZ : INHALTSVERZEICHNIS | Bd_Seite |
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I. Allgemeine Betrachtungen. | |
Name, Lage, Grösse und Gestalt, Fläche, Höhenverhältnisse, Grenzen, geschichtliche Entwicklung der Grenzen, Neutralität Savoyens und zollfreie Zonen, Einzelbeschreibung der Grenzen | IV 626 |
Trigonometrische Landesvermessung. Allgemeines, Anlage des Triangulationsnetzes. Messung der Winkel, Messung der Grundlinien und deren Anschluss an das Netz, Berechnung der Fixpunkte, Projektion, Höhen und Höhenmessung, Geschichtliches | IV 639 |
Geschichte der schweizerischen Kartographie. Karten, Panoramen, Reliefs, Tiefenlotungen | IV 643 |
II. Bodengestalt. | |
Natürliche Gebiete und allgemeiner Landschaftscharakter Alpen, Mittelland, Jura | IV 649 |
Die geologischen Formationen (Stratigraphie). Allgemeines, Alpen, Mittelland, Jura | IV 654 |
Tektonik. Allgemeines, Alpen, Mittelland, Jura | IV 660 |
Orographie. Alpen, Mittelland, Jura | IV 673 |
Hydrographie. Quellen, Flüsse, Seen, Gletscher, Lawinen | IV 679 |
Paläogeographie (Geogenie) | IV 691 |
Erdbeben (Seismologie) | IV 697 |
Geschichte der Geologie der Schweiz | IV 700 |
III. Klimatische Verhältnisse. | |
Meteorologische Beobachtungen, Luftdruck, Niederschläge, Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Bewölkung, Windverhältnisse | IV 706 |
IV. Flora. | |
Uebersicht, Waldungen, Forstgesetzgebung, klimatische Rolle des Waldes, Waldbäume und ihre Verbreitung, fossile Flora, Pflanzenreste der Pfahlbauten und Torfmoore | IV 711 |
V. Fauna. | |
Heutige Tierwelt, Jagd, Fischerei und Fischzucht, fossile Fauna | IV 721 |
VI. Bevölkerung. | |
Anthropologie. Schädel, Gesicht, Körpergrösse, beschreibende Nachweise, Rassenverhältnisse, prähistorischer Mensch, historische Zeit und Gegenwart, Herkunft der Bewohner | IV 763 |
Demographie. | |
Einwohnerzahl nach ältern Schätzungen und den eidgenössischen Volkszählungen | V 1 |
Bevölkerung der Schweiz im Jahr 1900: Vergleichende Zusammenstellungen 1858-1900, Verschiebung im Innern, Volksdichte, Verteilung nach dem Geschlecht, Altersverhältnisse, Heimat, Einbürgerung, Konfession, Muttersprache | V 4 |
Bewegung der Bevölkerung durch Ehe, Geburt, Tod | V 20 |
Auswanderung und Schweizer im Ausland | V 32 |
Volkskunde. | |
Volkskunde im engern Sinne: Sitten, Bräuche, Feste und Spiele, Volksdichtung, Bibliographie | V 33 |
Wohnung. Haustypen | V 48 |
Volkstrachten | V 52 |
Sprachen und Mundarten. Allgemeines | V 58 |
Deutsch : Sprachgrenze und deren geschichtliche Entwicklung, Gebrauch des Deutschen im Innern, Mundart und Schriftsprache, Charakter und Gliederung der Mundart, Bibliographie | V 58 |
Französisch : Statistische Angaben, Sprachgrenze, Einführung des Französischen als offizielle Sprache. Geschichte und Charakterzüge der Mundarten, mundartliche Literatur, Bibliographie | V 76 |
Italienisch : Einleitendes, Grundlagen der italienischen Dialekte, Dialektgliederung und -literatur, Bibliographie | V 86 |
Rätoromanisch : Statistik, Sprachgrenzen, Geschichte und Einteilung der Dialekte, Sprachproben, Literatur, Bibliographie | V 90 |
Geistige Kultur. Schulwesen, Bibliotheken und Museen, bildende Künste, Musik, Presse und Buchhandel, Literatur, Theologie, Rechtswissenschaft, Naturwissenschaften | V 94 |
Konfessionen. Einleitung | V 103 |
Protestantische Kirche: Landeskirchen, Diasporagemeinden, freie Kirchen, Sekten, Statistik, religiöse Gesellschaften, Bibliographie | V 104 |
Katholische Kirche: Allgemeines, geschichtliche Entwicklung und heutiger Bestand, Bistum Basel-Lugano, Bistum Chur, Bistum Lausanne-Genf, Bistum Lugano, Bistum St. Gallen, Bistum Sitten, Abtei Saint Maurice | V 108 |
Russisch-orthodoxe Kirche | V 120 |
Christkatholische Nationalkirche | V 120 |
Israelitischer Kultus | V 122 |
Wirtschaftliche Zustände; Sozialpolitik | V 124 |
Verteilung des Grundeigentums (Allmenden etc.) | V 125 |
VII. Staat und Verwaltung. | |
Politische Organisation des Bundes Verfassung, juristische Natur, Kompetenzen, Beziehungen zu den Kantonen, Organisation der Behörden, Befugnisse, Gesetzgebung, eidg. Verwaltung, Rechtspflege, Revision der Bundesverfassung, völkerrechtliche Stellung der Schweiz | V 128 |
EIDGENÖSSISCHE DEPARTEMENTE. | |
Politisches Departement: Geschäftskreis, diplomatische Vertretung, Auswanderungswesen | V 128 |
Departement des Innern: Geschäftskreis, Staatsarchiv, Zentralbibliothek, Schulsubvention, Mass und Gewicht, subventionierte Gesellschaften und Vereine, Hebung der Kunst und Erhaltung vaterländischer Altertümer (Landesmuseum), Polytechnikum, Gesundheitsamt, statistisches Bureau, meteorologische Zentralanstalt, Landesbibliothek, Lehrerasyl, Oberbauinspektorat, Direktion der eidg. Bauten, Oberforstinspektorat | V 140 |
Justiz- und Polizeidepartement: Justizabteilung, Polizeiabteilung. Bundesanwaltschaft, Versicherungsamt, Amt für geistiges Eigentum | V 155 |
Militärdepartement : Bisherige Wehrverfassungen, Militärbehörden, Rekrutierung, Ausrüstung, Bewaffnung und Unterricht, Verwaltung des Bundesheeres und Militäranstalten, Territorial-, Etappen- und Eisenbahndienst, Festungswerke, Heeresorganisation | V 156 |
Finanz- und Zolldepartement: Finanzwesen (Geschichtliches, Geschäftskreis und Organisation, Voranschlag und Staatsrechnung, Bundesfinanzen und deren Kontrollierung, Münzwesen) | V 165 |
Zollwesen | V 192 |
Alkoholverwaltung | V 195 |
Handels-, Industrie- und Landwirtschaftsdepartement: Allgemeines und Geschichtliches | V 199 |
Handelsabteilung | V 203 |
Abteilung für Industrie | V 205 |
Abteilung für Landwirtschaft | V 206 |
Post- und Eisenbahndepartement: Aufgaben | V 207 |
Eisenbahnabteilung (Geschichte der eidg. Eisenbahnpolitik, schweizerische Eisenbahnen im Allgemeinen, Entwicklung des Eisenbahnnetzes seit 1905. Spezialfragen, Organisation der Abteilung für Eisenbahnwesen, schweizerische Bundesbahnen) | V 208 |
Postwesen | V 223 |
Telegraph | V 231 |
Telephon | V 237 |
Beziehungen zu den Starkstromunternehmungen | V 243 |
VIII. Verkehrswege. | |
Allgemeine Betrachtungen, Strassen und Eisenbahnen, Schiffahrt, Post, Telegraph und Telephon | V 244 |
IX. Landwirtschaft. | |
Natürliche Faktoren, pflanzliche Produktion, Viehhaltung, Milchproduktion, Bodenverbesserung, staatliche Fürsorge und Gesetzgebung | V 251 |
X. Industrie. | |
Allgemeine Uebersicht (Geschichtliches, Industriegebiete, Umfang und soziale Bedeutung) | V 262 |
Mineralprodukte : Steine, Erden und Erze (Mineralien, Bergbau und Steinbruchbetrieb, Metallerze, Baumaterialien und Rohstoffe des Baugewerbes, Bibliographie) | V 267 |
Mineral- und Thermalquellen (Allgemeine Betrachtungen, Mineralquellen und deren Verwendung, Gasquellen, unterirdische Wässer früherer Erdepochen). | V 290 |
Fremdenverkehr und Hotelwesen | V 298 |
Wasserindustrien (chemische Industrien, Wasser als motorische Triebkraft, elektrische Industrien) | V 303 |
XI. Handel. | |
Allgemeine Uebersicht, Import und Export | V 305 |
Bankwesen | V 309 |
Sparkassen | V 313 |
Versicherungswesen | V 314 |
XII. Geschichte. | |
Urgeschichtliche Perioden. Einleitung, Steinzeit, Bronzeperiode, Eisenzeit | V 316 |
Frühgeschichtliche Perioden. Aelteste geschichtliche Nachrichten, römische Periode, alemannisch-burgundisch-fränkische Periode | V 327 |
Geschichte seit Karl dem Grossen | |
Anfänge | V 331 |
Heroisches Zeitalter | V 348 |
Zeitalter der Reformation | V 378 |
17. und 18. Jahrhundert | V 388 |
Revolutionszeit | V 394 |
Erweckung und Stärkung des Nationalgefühles | V 403 |
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noch heute, besonders in der poetischen Sprachweise, oft zur Verwendung kommt. Für den Kanton Graubünden seinerseits hat sich die alte Form Rätien in dem immer noch gebräuchlichen Ausdruck «Alt Fry Rätia» erhalten. Vergl. den Artikel Schweiz in Prof. Dr. J. J. Egli's Nomina Geographica. 2. Aufl. Leipzig 1893.
Lage, Grœsse und Gestalt.
Obwohl die Schweiz nirgends an das Meer stösst, nimmt sie doch dank ihrer zentralen Lage und ihrer Berge, die sie abschliessen und vor äussern Eingriffen schützen, eine sehr wichtige Stellung in Europa ein. Diese Lage im Herzen und an den Flanken eines seiner Höhe nach den ganzen Erdteil beherrschenden Gebirges hat den Bewohnern eine grössere Kraft, einen festeren inneren Zusammenhang und eine stärkere wirtschaftliche Macht verliehen, die ihnen trotz der räumlich kleinen Ausdehnung ihrer Heimat gestatteten, der Begehrlichkeit der Nachbarn erfolgreich zu widerstehen und sich mitten unter diesen als selbständiges Volk und Staat zu erhalten. Das Schweizerland liegt zwischen 45° 49' 2" und 47° 48' 32" NBr. und zwischen 3° 37' 12" und 8° 9' 26" OL. von Paris (oder 5° 57' 26" und 10° 29' 40" OL. von Greenwich). Die geographischen Koordinaten des politischen Landeszentrums Bern (Observatorium) sind 46° 57 6" NBr. und 5° 6' 11" OL. von Paris (oder 7° 26' 25" OL. von Greenwich), während der Schwerpunkt der Oberfläche der Schweiz in 46° 48' und 5° 57' liegt.
Die äussersten Punkte des Landes, d. h. die Tangentialpunkte der Grenzlinie zu den Meridianen und Parallelkreisen, sind:
im Westen die Mündung des Nant de Vosogne in die Rhone unterhalb Genf; | |
im Süden der Grenzstein 75A bei Chiasso am äussersten S.-Ende des Tessin; | |
im Osten der Gipfel des Piz Chavalatsch über dem Münsterthal; | |
im Norden der Grenzstein 593 beim Weiler Oberbargen im Kanton Schaffhausen. |
Folgendes sind die rechtwinkligen Koordinaten dieser vier Punkte bezogen auf Bern:
Abstand im Meridian Y | Abstand in der Senkrechten X | |
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Westpunkt | 114550 m W. | 89920 m S. |
Südpunkt | 122770 m O. | 124690 m S. |
Ostpunkt | 233830 m O. | 32769 m S. |
Nordpunkt | 84620 m O. | 95910 m N. |
Durch Addition von Y des Westpunktes zum Y des Ostpunktes, sowie von X des Südpunktes zum X des Nordpunktes erhalten wir die Länge und Breite der Schweiz längs dem Meridian bezw. dem Parallelkreis gemessen:
Länge von O. nach W. 348,4 km;
Breite von S. nach N. 220,6 km.
Das schweizerische Landgebiet kann in ein Oval eingeschrieben werden, dessen Kurve durch die vier eben genannten äussersten Punkte geht.
Flæche.
Die Fläche der Schweiz umfasst nach den neuesten Angaben des Eidgenössischen Statistischen Bureaus 41323,99 km2. Fügt man dieser Zahl die Flächen der in unserm Land eingeschlossenen kleinen fremden Enklaven, nämlich
km2 | |
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Campione (Italien) | 2.56 |
Büsingen (Baden) | 7.61 |
Verenahof (Baden) | 0.41 |
: | 10.58 |
bei, so erhält man als Fläche des gesamten innerhalb unserer Grenzen eingeschlossenen Landgebietes die Summe von 41334,57 km2.
Es umfasst damit die Schweiz den 12343. Teil der gesamten Erdoberfläche und den 235. Teil der Fläche von ¶
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Europa. Sie ist 13 mal kleiner als Frankreich oder das Deutsche Reich. 15 mal kleiner als Oesterreich und 7 mal kleiner als Italien. Ihrer Fläche nach kommt sie unter den europäischen Staaten dem Königreich Serbien (48303 km2) am nächsten. Kleiner als die Schweiz sind von den selbständigen europäischen Staaten blos Dänemark (33340 km2), die Niederlande (33000 km2), Belgien (29457 km2) und Montenegro (9080 km2). Von den Miniaturstaaten sehen wir dabei natürlich ab.
Die Fläche der Schweiz entspricht dem Inhalt eines Kreises von 115 km Radius, dessen Mittelpunkt dem Schwerpunkt der Landoberfläche entsprechen würde und südlich vom Sarnersee ins Kleine Melchthal zu liegen käme. Der Umfang dieses Kreises misst 720 km, während die Länge der gesamten Grenzlinie der Schweiz 1884 km beträgt. Das Verhältnis des Kreisumfanges zur Grenzentwicklung stellt sich somit auf 1:2,6.
Ein einziger Blick auf die Karte genügt, um uns die grosse Länge unserer Grenzen im Verhältnis zur Fläche der Schweiz zu zeigen. Während dieses Verhältnis z. B. für die Iberische Halbinsel, eines der massigsten Länder Europas, nur 0,5 beträgt, steigt es für die Schweiz auf 4,5 oder auf das 9 fache jener Zahl. Diese starke Grenzentwicklung, die bei einem maritimen Staat einen sehr günstigen Faktor für seinen Handel darstellen würde, sonst aber die Verteidigung eines Landes gegen feindliche Uebergriffe sehr erschwert, fällt bei der Schweiz wegen ihrer kontinentalen Lage und wegen ihrer Naturgrenzen wenig ins Gewicht.
Ausser Genf, der Ajoie (Elsgau), Basel und dem Tessin, wo wir in schon flacheren Landschaften in fremdes Gebiet hineinstossen, ist die grosse Mehrzahl der aus- oder einspringenden Winkel unseres Landes auf dessen wirtschaftliche Entwicklung deshalb ohne jeglichen Einfluss geblieben, weil ihre Seiten den Bergkämmen folgen. Deshalb verlieren z. B. die tief gelappten Grenzen Graubündens viel von ihrer Bedeutung, wie auch die im einzelnen so reich gegliederte Grenze Schaffhausens, die in einem unruhigen Bergland verläuft und welcher die steinigen und armen Hochflächen Schwabens vorgelagert sind, die gleichsam die Rolle eines Meeres gegenüber den dasselbe begrenzenden Steilufern bilden.
Hœhenverhæltnisse.
Der höchste Punkt der Schweiz erreicht in der Dufourspitze des Monte Rosamassives 4638 m, der tiefste liegt mit 197 m über Meer am Ufer des Langensees (der Boden dieses tiefsten Sees der Schweiz steigt bei Luino sogar bis 177 m unter den Meeresspiegel hinab), während der Rhein bei Basel die Schweiz in 249 m und die Rhone am Westende des Kantons Genf in 338 m Höhe verlassen. Dufourspitze und Langensee sind infolge des raschen und steilen Absinkens der Alpen gegen Süden kaum 50 km voneinander entfernt.
Die Nord- und Westflanke der Alpen ist weit länger und sanfter geböscht, sodass man, um auf dieser Seite die nämliche Meereshöhe zu erreichen, wie sie der Langensee hat, einerseits bis nach Kolmar im Elsass (220 km vom Monte Rosa entfernt) und andererseits bis oberhalb Lyon (190 km vom Monte Rosa entfernt) hinabsteigen muss. Die Höhendifferenz zwischen dem Spiegel des Langensees und dem Gipfel der Dufourspitze beträgt rund 4,4 km, von denen aber blos die untern 2 km ständige Siedelungen zeigen, indem die höchst gelegenen Dörfer der Schweiz Juf im Averserthal (2133 m), Chandolin über Siders (1936 m) und Lü im Münsterthal (1918 m) sind.
Als mittlere Höhe der Schweiz ergibt sich aus den von Dr. Messerschmidt im Auftrag der internationalen Gradmessung ausgeführten Pendelbeobachtungen die Zahl von rund 1350 m. Eine vom Ostende des Genfersees zum Ostende des Bodensees gezogene Linie, die etwa dem Fuss der Alpen folgt, den Thuner- und Vierwaldstättersee schneidet, sowie zwischen dem Zürich- und dem Walensee durchgeht, trennt die Schweiz in zwei an Fläche nahezu gleiche Teile: einen nördlichen (Jura und Mittelland) mit der überwiegenden Mehrzahl der Bevölkerung und einer mittleren Höhe von 720 m, und einen südlichen (Alpen) mit einer mittleren Höhe von etwa 1850 m.
Grenzen der Schweiz.
Die vier Eckpunkte.
Die Grenzen der Schweiz schauen nach vier Fronten, die sich mit den Grenzen der vier grossen Nachbarstaaten decken und unserem Lande daher die Gestalt eines unregelmässigen Viereckes geben, dessen Seiten nach den vier ¶