Sigriswile
rgrat
(Kt. Bern,
Amtsbez. Thun).
2053 m. Langgezogener Felskamm, der sich vom N.-Ufer des
Thunersees in nö. Richtung abzweigt,
um im
Hintergrund des
Eriz zum Quellgebiet der
Zulg sich zu senken. Durch das breite
Justisthal getrennt, läuft ihm
der im
Gemmenalphorn kulminierende
Guggisgrat parallel. Von Bern
und
Thun aus gesehen, bilden die beiden
Kämme eine nach dem Thunerseebecken
absteigende Linie, während sie sich, von
Spiez,
Aeschi und selbst vom
Kanderthal aus betrachtet, ihre schmalen und jähen Stirnseiten
zuwenden, zwischen denen das
Justisthal sich öffnet, aus dessen
Hintergrund die in derselben Richtung
streichende Kette der
Sohlflühe aufsteigt. Der Sigriswile
rgrat erhebt sich mit steilen Waldhängen hinter dem Dorfe
Merligen
und erreicht in dem zackigen
Kamm der
Ralligstöcke bald eine bedeutende
Höhe, die im Felsturm der
Spitzen
Fluh 1662 m beträgt.
Hinter dieser erweitert sich der
Grat zur Vorderberglialp (1670 m). Immer ansteigend setzt sich der
Kamm
mit zwei durch eine trümmerbedeckte Mulde voneinander getrennten
Gräten fort, von denen der w. in der
Mähre (1958 m) einen
ausgeprägten Gipfel aufweist, während der ö. auf breitem
Rücken die Hinterberglialp trägt und dann im Gipfel des Rothorns
(2053 m) kulminiert.
Beide Gräte vereinigen sich wieder am Ofengütschen (2034 m). Von hier setzt sich der Kamm als schmaler First fort und erreicht mit einigen (auf der Karte unbenannten) Gipfelpunkten 1961, 2013 und 1922 m. Nach O. fällt er zum Hintergrund des Justisthales, nach W. zu den Rasenterrassen der Sigriswilschafläger und von da nach der Zulg ab. Der letzte bedeutendere Gipfel, der Burst (1970 m), ist durch einen kurzen Grat mit der Felsenbastion der Schörizfluh (1863 m) verbunden, in welcher die Kette äusserst schroff gegen die Schörizalpen abbricht.
Die beidseitigen Hänge des Grates sind in seiner ganzen Länge von 9 km sehr steil. Während der Absturz nach dem Justisthal in den mittleren Partien teilweise bewaldet ist, fällt der Grat auf der NW.-Seite mit wilden Felsmauern, rauhen Trümmerhängen und Grashalden, die von felsigen Tobeln durchzogen sind, nach dem Gürtel von Alpweiden herab, den mehrere durch ziemlich tief eingeschnittene Wasserläufe getrennte «Eggen» bilden. Von der Schörizfluh löst sich die zwischen dem Sulzigraben und dem Hintern Horrenbach gelegene Schörizegg ab, zwischen dem Hintern und dem Vordern Horrenbach folgt die Hörnlialp und etwas n. vom Rothorn die Zettenalp.
Während sich diese Alpweiden mit ihren Wasserläufen nach dem Thal der
Zulg senken, bildet ein vom Sigriswile
rgrat zur
Blume
streichender Höhenzug die Wasserscheide, s. von welcher die
Alpen
Alpiglen und Sigriswilallmend mit ihren
Hängen und Gräben, die ihr
Wasser zum
Gunten- und
Stampbach senden, nach dem Thunerseebecken absteigen. Der Charakter des
Sigriswile
rgrates ist derjenige der Wildheit und Oede. Die fast immer felsige Kammlinie ist stellenweise nur mit Schwierigkeiten
zu begehen.
Doch können die meisten Gipfel von Merligen her durch das Justisthal in 3-5 Stunden leicht erstiegen werden. Zwischen Mähre und Rothorn ist die Mulde durch ein Karrenfeld mit zahlreichen Blöcken, Trichtern, Löchern, Spalten und Höhlen ausgefüllt. Am S.-Absturz des Rothorns befindet sich die vergletscherte Höhle des Schafloches. Die Aussicht ist sehr ausgedehnt, doch etwas beeinträchtigt durch den parallel laufenden, langgestreckten Grat des Gemmenalphorns.
Der Sigriswile
rgrat bildet die sw. Fortsetzung der Kette der
Schrattenfluh, weicht aber in seinem Aufbau stark von derselben
ab. Während diese nämlich ein einfaches überschobenes Gewölbe aus Neokom, Urgon und Nummulitenkalk bildet, stellt der
Sigriswile
rgrat einen ausserordentlich merkwürdigen Synklinalkamm dar, dessen beide Flanken aus Neokom
bestehen. Die Schichten der obersten Kammzone fallen V-förmig gegen das
Berginnere ein. Daraus ergibt sich, dass der
Rücken
stellenweise breit ausgeladen erscheint und hier die
Hütten und Alpweiden von Unter und Ober
Bergli (1679 und 1821 m) trägt.
Das W.-Ende des
Grates wird oft mit dem Namen der
Ralligstöcke bezeichnet. Den N.-Fuss des Sigriswile
rgrates
kennzeichnet eine Faltenverwerfung oder Ueberschiebung, die das Neokom mit dem Tertiär in unmittelbaren Kontakt bringt.
Längs der Ueberschiebungsebene haben sich noch einige stark ausgewalzte Fetzen von Lias und Taveyannazsandstein erhalten.
Eigentümlich ist eine Notiz vom wonach am Sigriswile
rgrat ein Bleierzlager entdeckt worden
war, zu dessen Ausbeutung die bernische Regierung ihre Bewilligung erteilte.