Spitzbergen
,
Inselgruppe im Nördlichen
Eismeer, zwischen 76° 27'-80° 50' nördl.
Br. und 10°-32½°
östl. L. v. Gr., nordöstlich von
Grönland, dem es früher zugerechnet wurde, während
Nordenskjöld 1868 den untermeerischen
Zusammenhang von S. mit
Skandinavien nachwies. Die
Gruppe besteht aus der Hauptinsel, Westspitzbergen
(39,540 qkm oder 718 QM.),
dem von voriger durch die
Hinlopenstraße getrennten Nordostland (10,460 qkm oder 190 QM.), dem Edgeland
oder
Stans-Foreland (5720 qkm oder 104 QM.), der Barentsinsel,
König Karls-Land,
Prinz
Karls-Vorland und vielen kleinern Eilanden,
welche ein Gesamtareal von 70,068 qkm (1273 QM.) einnehmen.
Die Inselgruppe ist im Sommer von Eisschollen umgeben, im Winter von festen Eismassen eingeschlossen; nur längs der Westküste ist das Meer fast das ganze Jahr hindurch von Eis [* 2] frei. Die Nordküste wird in den meisten Jahren durch den auch an ihr vorüberziehenden Golfstrom verhältnismäßig früh vom Treibeis befreit, wogegen die Ostseite von einem Polarstrom bestrichen wird. Die Hauptinseln steigen mit steilen Ufern aus dem Meer auf und sind im Innern mit einer 100 m dicken Schicht Landeis bedeckt, aus welcher scharfe Bergspitzen (daher der Name) bis zu 1390 m hervorragen.
Die Hauptgebirgsart ist Granit; von vulkanischen Produkten findet sich der sogen. Hyperit vor, daneben Jurakalksteine, Kreide [* 3] und andre Sedimentärgebilde. Die mittlere Jahrestemperatur beträgt unter 79° 53' nördl. Br. (Mosselbai) -9,56° C., die des kältesten Monats (Februar) -22,69,° die des Juli +4,55°. Das Klima [* 4] ist also bedeutend milder als in Nordamerika [* 5] unter weit südlichern Breiten, was dem Golfstrom zuzuschreiben ist. Die Vegetation ist äußerst dürftig, da die Erdrinde nur während weniger Wochen im Sommer, wo die Sonne [* 6] nicht untergeht, von Eis und Schnee [* 7] frei ist; von baumartigen Gewächsen finden sich nur zwei einige Zoll hohe Weidenarten.
Überhaupt hat man 96 Arten von Phanerogamen und etwa 250 Kryptogamen beobachtet. Kruciferen [* 8] und Gramineen [* 9] herrschen vor. Fließende Wasser gibt es nur zur Zeit der Schneeschmelze. Von Landsäugetieren kommen vor: das Renntier (sehr zahlreich), der Eisbär, der braune Bär (?, selten), der Blaufuchs, aber kein Lemming;
dagegen sind die Küsten reich an Walrossen und Robben. [* 10] Im W. fanden sich früher viele Walfische, deren Zahl jedoch durch die beständige Verfolgung auf ein Geringes gesunken ist.
Jetzt jagt man an den Küsten neben den Flossenfüßern besonders den Weißfisch und eine Haifischart (Haakjärring). Von Vögeln kennt man 28 Arten, von denen das Schneehuhn (Lagopus hyperboreus) der einzige Standvogel ist. An Insekten [* 11] hat man bisher 23 Arten entdeckt. Das Mineralreich bietet Granit (reich an edlen Granaten), [* 12] Graphit, Bleiglanz, Eisen, [* 13] Marmor u. Braunkohlen. Eingeborne oder auch nur ansässige Bevölkerung [* 14] hat keine der Inseln; doch haben sich bisweilen einzelne russische Jäger mehrere Jahre lang auf denselben aufgehalten, und während der Sommermonate werden sie von Fangfischern besucht, wenn auch nicht mehr so zahlreich wie früher. Im 17. und 18. Jahrh. war die Gruppe der Sammelplatz aller Walfischfänger, und an den Küsten wurden um das Privilegium des Walfischfangs und Robbenschlags zwischen Engländern, Holländern, Dänen und Franzosen vielfach blutige Kämpfe ausgefochten.
Jetzt macht keine der seefahrenden Nationen Ansprüche auf den Besitz der Gruppe. S. wurde 1596 von den Holländern Barents, Heemskerk und Cornelis Ryp entdeckt. Näher erforscht wurden die Inseln in neuerer Zeit unter andern von Scoresby (1817-18), Parry (1827), der Recherche-Expedition (1838 ff.), Lamont (1858 und später), Karlsen (seit 1859), v. Heuglin (1870), Tobiesen (seit 1865), Leigh Smith (1871-72), besonders aber von den schwedischen Expeditionen unter Torell und Nordenskjöld (1858-73). S. Karte »Nordpolarländer«. [* 15]
Vgl. außer den Berichten in »Petermanns Mitteilungen«: Nordenskjöld, Die schwedischen Expeditionen nach S. und Bären-Eiland (Jena [* 16] 1869);
Heuglin, Reisen nach dem Nordpolarmeer 1870-71 (Braunschw. 1872-74, 3 Bde.).