Tag
,
im gewöhnlichen Leben die Zeit der Anwesenheit der
Sonne
[* 2] über dem Horizont.
[* 3] Die in diesem
Sinne genommenen bürgerlichen
oder natürlichen Tag
sind wegen der nicht senkrechten Neigung der Erdachse gegen die Ebene der
Erdbahn und der dadurch bedingten veränderlichen
Abweichung der
Sonne vom
Äquator (s.
Ekliptik) für die verschiedenen Orte
der Erde von sehr ungleicher Länge. Nur unter dem
Äquator, wo die scheinbare tägliche
Bahn der
Sonne stets senkrecht zum
Horizont ist und von diesem in zwei gleiche Hälften geteilt wird, sind auch das ganze Jahr hindurch
alle Tag
den Nächten und die Tag untereinander gleich. Je weiter man vom
Äquator sich nach den
Polen zu entfernt, um so größern
Schwankungen ist die
Dauer der Tag
und mithin auch die der Nächte im Laufe eines Jahres unterworfen. Mit
der
Annäherung an die
Pole nimmt der längste Tag
, der zur Zeit der
Sommer-Sonnenwende, also für die nördl. Erdhälfte am 21. Juni, für
die südliche am 21. Dez. stattfindet (s.
Sonnenwenden), immer mehr an
Dauer zu, während gleicherweise der zur Zeit der Winter-Sonnenwende, 21. Dez.
bez. 21. Juni, eintretende
¶
mehr
kürzeste an Dauer abnimmt. Unter den Polarkreisen (s. d.) giebt es einmal im Jahre einen
Tag
ohne Nacht und einmal eine Nacht ohne Tag, d. h. die Sonne geht hier einmal im Jahre 24 Stunden lang nicht unter und ein
halbes Jahr später einmal 24 Stunden lang nicht auf. Zwischen den Polarkreisen und den zugehörigen Polen
geht die Sonne im Sommer mehrere Tag
, Wochen und Monate, je nach der größern Nähe des Ortes gegen den Pol, gar nicht unter
und im Winter ebenso lange nicht auf. Unter den Polen herrscht ein Tag
von einem halben Jahre, dem am Nordpol um die
Zeit der Herbstnachtgleiche und am Südpol um die Zeit der Frühlingsnachtgleiche eine ebenso lange Nacht folgt. - Die Angabe
in den Kalendern, betreffs Beginn und Ende des bürgerlichen Tag
, beziehen sich gewöhnlich nicht auf das Erscheinen
und Verschwinden des obern Sonnenrandes in Bezug auf den Horizont, sondern auf das des Sonnenmittelpunkts,
und zwar abgesehen von der Strahlenbrechung
[* 5] (s. d.), die namentlich nach den Polen zu die Dauer der Tag
stark beeinflussen kann.
Im gewöhnlichen Leben pflegt man den Tag
vom Beginn der bürgerlichen Morgendämmerung bis zum Ende der bürgerlichen
Abenddämmerung zu rechnen. (S. Dämmerung.)
Wegen seiner höchst ungleichen Dauer ist der in dem bisherigen Sinne oder der natürliche Tag
als Maß für
unsere Zeitrechnung nicht geeignet. Man versteht aber unter Tag
noch ferner die Zeit von einer Kulmination (s. d.)
der Sonne bis zur andern und nennt einen solchen Tag
einen wahren Sonnentag. Allein wegen der ungleichförmigen Bewegung der
Sonne und wegen der Bewegung der Sonne in der Ekliptik und nicht im Äquator, müssen auch diese Tag
ungleich
sein. Man denkt sich daher statt der wahren Sonne eine andere Sonne, die sich mit völlig gleichmäßiger Geschwindigkeit im
Äquator bewegt, und nennt den Zwischenraum zwischen zwei aufeinander folgenden Kulminationen derselben, der das
Mittel aus allen wahren Sonnentagen im Jahre ist, einen mittlern Sonnentag.
Dieses ist die Zeit, nach der man im bürgerlichen Leben zu rechnen pflegt, und die auch unsere Uhren [* 6] angeben. Im bürgerlichen Leben pflegt man den mittlern Sonnentag, der meist Tag schlechthin genannt wird, von Mitternacht an zu rechnen und zählt ihn durch zweimal 12 Stunden hindurch, wobei man die Zeit zwischen dem Beginn des natürlichen Tag bis zum Mittag als Vormittag und die Zeit vom Mittag bis zum Ende des natürlichen Tag als Nachmittag unterscheidet. Da die astron. Beobachtungen in der Hauptsache in den Nachtstunden angestellt werden und die Astronomen daher mitten im Laufe derselben das Datum wechseln müßten, ist es in der Astronomie [* 7] gebräuchlich, den mittlern Sonnentag vom Mittag an zu rechnen und durch volle 24 Stunden fortzuzählen. Sagt man z. B. im bürgerlichen Leben: den 14. April 9 Uhr [* 8] vormittags, so sagt der Astronom: den 13. April 21 Uhr.
Das einzige von der Natur selbst gegebene Zeitmaß, das sich immer gleich bleibt und das daher in der Astronomie auch als Grundmaß der Zeit dient, ist die Zeit zwischen zwei aufeinander folgenden Kulminationen des Frühlingspunktes, der Sterntag (s. Sternzeit). Die Länge dieses in dem wir die Rotationszeit der Erde vor uns haben, hat sich nach den genauesten Untersuchungen der größten Astronomen, seitdem Beobachtungen vorhanden sind, noch nicht um ein Zehntel Sekunde geändert. Über die Tageszeiten, die Differenz in Bezug auf Stunden und Datum, s. Länge (geographische).
Die Juden, Römer [* 9] und Griechen teilten den natürlichen in 12 Stunden, ebenso die Nacht, sodaß die Stunden in den verschiedenen Jahreszeiten [* 10] von ungleicher Länge waren. Bei den Babyloniern dagegen kamen auf Tag und Nacht je 6 Stunden. Die Juden begannen den Tag nur Sonnenuntergang, die Babylonier dagegen mit Sonnenaufgang, welche letztere Zeitrechnung auch bei den Griechen und Römern die gebräuchliche war. Eingehend handelt hierüber Bilfinger, Der bürgerliche Tag (Stuttg. 1888).
Im Rechtswesen versteht man unter Tag einen Zeitraum von 24 Stunden, welcher von Mitternacht zu Mitternacht gerechnet wird. (S. Dies und Frist.) Unter Jahr und Tag wurde in der deutschen, namentlich sächs. Rechtssprache eine Frist von 1 Jahr 6 Wochen 3 Tagen verstanden; die libri fundorum und das Preuß. Allg. Landrecht haben einen Zeitraum von 1 Jahr und 30 Tagen an die Stelle gesetzt. Über Gebundene Tage s. d.
Im Bergbau [* 11] bedeutet Tag soviel wie Erdoberfläche; daher der Ausdruck: über Tag und unter Tag.