Testierfre
iheit,
s. Erbrecht und Pflichtteil.
Testierfreiheit
34 Wörter, 277 Zeichen
Testierfreiheit,
s. Erbrecht und Pflichtteil.
im subjektiven Sinn das Recht einer Person (des Erben), in die Vermögensrechte eines Verstorbenen (des Erblassers) einzutreten. Im objektiven Sinn versteht man unter Erbrecht (jus hereditarium) den Inbegriff der hierauf bezüglichen Rechtssätze. Das ganze Erbrecht baut sich, rechtsphilosophisch betrachtet, auf dem bei allen zivilisierten Völkern anerkannten Satz auf, daß gewisse Lebens- und Rechtsverhältnisse des Menschen die physische Persönlichkeit desselben überdauern, und daß es mit schweren wirtschaftlichen und sittlichen Schäden verknüpft sein würde, wollte die Gesetzgebung mit der physischen auch die vermögensrechtliche Persönlichkeit ihr Ende erreichen lassen.
Die sozialistische Theorie freilich, welche das Privateigentum überhaupt in Gesamteigentum der als Staat organisierten bürgerlichen Gesellschaft verwandelt wissen will, kann selbstverständlich auch kein Erbrecht anerkennen. Dagegen entspricht der herrschenden Anschauung, wie sie sich in einem langen Völkerleben entwickelt hat, die Grundidee des Erbrechts, daß nur diejenigen Rechtsverhältnisse des Menschen mit dem Tod erlöschen, welche rein persönlicher Art sind, also z. B. die mit der amtlichen Stellung verknüpften.
Würde man dagegen die Schulden eines Menschen dessen Leben nicht überdauern lassen, so würden sich natürlich die Kreditverhältnisse desselben bei Lebzeiten weit ungünstiger gestalten, und würde man ihm die Aussicht nehmen, das bei Lebzeiten Erworbene bei seinem Tode denjenigen zu hinterlassen, welche ihm im Leben besonders nahe standen, so würde dies auf die menschliche Erwerbsthätigkeit und Wirksamkeit den nachteiligsten Einfluß ausüben. Dazu kommt der Anspruch der Kinder auf Versorgung und Unterhalt seitens der Erzeuger und nach deren Tod aus dem hinterlassenen Vermögen derselben.
Ebendieselben wirtschaftlichen und ethischen Gründe aber, welche dafür sprechen, daß das Gesetz dem Kreis [* 4] der Verwandten und dem überlebenden Ehegatten Ansprüche auf die Hinterlassenschaft des Erblassers sichere, können auch dafür geltend gemacht werden, daß man bei Lebzeiten über seinen Nachlaß letztwillig verfügen und ihn denjenigen hinterlassen könne, welchen man sich besonders verpflichtet fühlt, oder für die man besondere Neigungen empfindet.
Freilich muß diese Testierfreiheit wiederum durch das Gesetz eine Einschränkung zu gunsten derjenigen finden, welche durch Bande der Blutsverwandtschaft dem Erblasser besonders nahe stehen, und die ein Recht darauf haben, aus dem Vermögensnachlaß des Erblassers die Mittel zum Lebensunterhalt zu beziehen. So entstehen die drei Hauptfälle der Erbfolge (s. d.), je nachdem das Gesetz oder der Wille des Erblassers den Erben beruft oder endlich ein Pflichtteilsberechtigter gegen den Willen des Erblassers zur Erbschaft berufen wird.
Damit sind auch die drei Hauptteile des positiven Erbrechts gegeben: Intestaterbrecht (gesetzliches Erbrecht), testamentarisches Erbrecht und Noterbenrecht. Was die letztwillige Ordnung der Erbfolge anbetrifft, so kommt zu der testamentarischen Erbfolge des römischen noch der Erbvertrag (s. d.) des deutschen Rechts hinzu. Auch kann im Testament (s. d.) nicht bloß die Einsetzung eines oder mehrerer Erben erfolgen, sondern diese können auch mit bestimmten Zuwendungen (Legaten, Vermächtnissen) zu gunsten dritter Personen belastet werden (s. Legat).
Der Unterschied zwischen dem Erben und dem Vermächtnisnehmer besteht jedoch darin, daß der Erbe in die gesamte vermögensrechtliche Persönlichkeit des Erblassers, ganz oder doch wenigstens zu einem Quoteteil, eintritt, während es sich bei jenem nur um den Erwerb einzelner Vermögensrechte (Singularsuccession) handelt. Dieser im römischen Recht konsequent durchführte Gedanke der Universalsuccession successio in universum jus, quod defunctus habuit) liegt auch dem modernen Erbrecht zu Grunde. Im einzelnen ist dasselbe freilich außerordentlich vielgestaltig, und gerade auf dem erbrechtlichen Gebiet ist die partikulare Rechtszerrissenheit in Deutschland [* 5] noch sehr groß, wenn auch das römische Erbrecht das gemeinrechtliche ist und im wesentlichen die Grundlage der erbrechtlichen Bestimmungen in den einzelnen Staaten und Landschaften bildet. Vgl. Erbfolge.