(in der LinguafrancaTrebisonda, türk. Tarabzon), befestigte Hauptstadt des gleichnamigen türk.
Wilajets in
Kleinasien, zwischenBergen
[* 2] am
SchwarzenMeer gelegen, ist wegen der vielen
Gärten von bedeutendem
Umfang, hat enge, unreinliche
Straßen, 22 griech.
Kirchen, an 40
Moscheen und
Schulen, ansehnliche
Bazare, ein altes verfallenes
Schloß,
Woll-,
Seiden- u. Leinweberei,
Gerberei,
Färberei, eine Schiffswerfte,
Fischerei
[* 3] und 40-50,000 Einw.
(Türken, Armenier,
Griechen,
Perser und einige
Europäer). Trapezúnt ist Sitz eines griechischen
Bischofs und infolge seiner günstigen
Lage ein Hauptstapel- und Speditionsplatz des
Handels zwischen
Europa
[* 4] und
Vorderasien, dessen Gesamtbetrag auf jährlich 50 Mill.
Mk. angegeben wird, trotzdem er durch die Vernachlässigung der
Straßen im Innern, die türkischen Zollplackereien und die
BahnPoti-Tiflis neuerdings sehr gelitten hat. Der
Import aus
England allein beläuft sich auf durchschnittlich 16 Mill.
Mk. jährlich. Regelmäßige
Dampfschiffahrt verbindet die Stadt mit
Konstantinopel,
[* 5] den Donaumündungen und einigen Mittelmeerhäfen,
während der
Verkehr mit
Erzerum,
Tebriz und
Syrien durch
Karawanen vermittelt wird. - Das
WilajetTrapezúnt, welches früher die ganze
Küstenlandschaft am
SchwarzenMeer von der Mündung des
Kisil Irmak bis über
Batum
[* 6] hinaus umfaßte, hat
neuerlich bedeutend an
Umfang verloren, indem im O. etwa ein Drittel des frühern
SandschaksBatum mit dieser Stadt selbst 1878 an
Rußland abgetreten werden mußte und Ende
Dezember 1878 die Kazas Scheiran, Kelkit Ispir, Tortum und Keskem zum
»SandschakBaiburt« vereinigt und zum
WilajetErzerum geschlagen wurden.
Gegenwärtig ist das
Wilajet nur ein
ca. 520 km langer Küstenstreif mit einem
Areal von
ca. 32,000 qkm und 1,100,000 Einw. -
Trapezúnt (Trapezus), eine griechische, um 700
v. Chr. von Milesiern aus
Sinope angelegte Pflanzstadt, erhielt, wiewohl schon im
Altertum
ein nicht unbedeutenderOrt, doch erst im
Mittelalter eine größere Wichtigkeit, indem nach der
Gründung
des lateinischen Kaisertums ein
Prinz des kaiserlichen
Hauses,
Alexios, 1204 im östlichen
Kleinasien ein kleines Kaisertum errichtete
und seinen Sitz in Trapezúnt nahm. Der
Thron
[* 7] von Trapezúnt teilte bald das
Schicksal des byzantinischen.
DavidKomnenos, der letzte
Kaiser von
Trapezúnt, ward 1461 in seiner Hauptstadt vom türkischen
SultanMohammed II. belagert und mußte sich, aller
Hilfe beraubt, demselben 1461 auf
Gnade und
Ungnade ergeben. Der
Sieger ließ ihn 1462 mit seiner
Familie in
Adrianopel hinrichten und verleibte das Land dem türkischen
Reich ein.
Vgl.
Fallmerayer, Geschichte des Kaisertums zu Trapezúnt
(Münch. 1827).
Das einst in ganz Kleinasien herrschende Griechentum wurde von dem eindringenden Türkentum ziemlich vollständig verdrängt;
jetzt findet es sich nur an Teilen der Westküste,
hier allerdings im Vordringen begriffen, an einzelnen
Punkten der Nordküste und bei Konia und Kaisarie, an welchen beiden letztern Punkten es aber nur Religion und Nationalitätsbewußtsein,
nicht aber die Sprache bewahrt hat. Viel ausgedehnter ist aber das Griechentum in den metallreichen Gebirgen um Trapezunt, wohin nach
der Vernichtung des oströmischen Reiches durch die Lateiner zahlreiche Griechen mit den Resten der byzantinischen
Dynastie auswanderten.
Offizielle Angaben von 1883 rechnen in den drei östlichen Sandschaks des Wilajets (Tirâbzôn, Rîze, Gümischchâna) unter
226,886 steuerfähigen Männern 34,139 Griechen. Doch sind dabei die zahlreichen griechisch sprechenden, äußerlich aber
als Mohammedaner erscheinenden Elemente nicht mitgerechnet; ihre Zahl schlägt Joannides auf 70,000, diejenige sämtlicher
griechisch Redenden im ganzen Wilajet auf mehr als 300,000 Seelen (unter einer Gesamtbevölkerung von weniger als einer Million)
an.
(Trabezon, Trabizun, Tirabzon, Trebisond, türk. Tarábosan oder Tarábusun), Hauptstadt
eines türk. Wilajets in Kleinasien (31 300 qkm, 1 047000 E.), nach Smyrna der wichtigste Handelsplatz der asiat.
Türkei,
[* 17] liegt malerisch an der 1300-1600 m ansteigenden, fieberisch feuchten Küste des SchwarzenMeers, an der Mündung der
Mutschka, am Fuße des waldbedeckten 3410 m hohen Kolat-Dagh, teils unten auf niedern Hügeln, teils
als eigentliche Türkenstadt, an der Höhe hinauf zu einer oben schmal zulaufenden Felsplatte, die von zwei Schluchten eingerahmt
wird und das Schloß oder die Citadelle trägt.
Die Häuser sind meist aus Holz.
[* 18] Die Steinbrücke der westl. Schlucht führt zu einer meist von Türken
bewohnten Vorstadt, welche die ehemalige griech. Sophienkirche, jetzt Moschee Hagia-Sofia, enthält. Die Moschee Ortakis wurde
als griech. Kirche von Justinian angelegt. Die östl. Vorstadt, zu der die andere Brücke
[* 19] führt, gestaltet sich durch Anbau
zur eigentlichen Stadt, während die Altstadt, bis an die Citadelle Itschkale hinauf, dicht bewohnt ist und
«Burg» heißt. Die Straßen sind eng, krumm und schlecht gepflastert. Trapezunt hatte vor den Unruhen (1896) 35000 E., darunter 19 500 Muselmanen, 8200 Griechen, 6000 Armenier
(darunter nur wenige Katholiken) und einige hundert Fremde; seit 1896 ist aber eine starke Auswanderung nach Rußland und Stambul
erfolgt. Ein wichtiger Bestandteil der Bevölkerung
[* 20] sind die Lasen (s. d.).
Trapezunt ist Sitz eines Generalgouverneurs, eines griech. Metropoliten, eines armenischen Erzbischofs, eines armenisch-unierten
Bischofs, einer Handelskammer, einer Filiale der Ottomanischen Bank und einer amerik. Mission und hat 20 christl. Kirchen. Von
den Moscheen, welche sämtlich einst christl. Kirchen waren, liegen nur drei bedeutendere in der Neustadt.
[* 21] An diese schließen sich die äußersten östl. Vorstädte, eine türkische und eine griechische.
In den letztern befinden sich die europ. Handelsniederlassungen.
Ein eigentlicher Hafen ist nicht vorhanden. Größere Fahrzeuge liegen auf der offenen Reede, bei Sturm vor Platana, 2½ Stunden
entfernt. Trapezunt ist für den Verkehr nach Persien
[* 22] günstig gelegen, doch leidet der Handel infolge der Konkurrenz
der russ. Eisenbahnen und der Karawanenwege vom PersischenMeer aus. Auch der Verkehr in das InnereKleinasiens geht zurück;
wichtig bleibt nur die Linie Erzerum-Täbris. Dagegen hebt sich Samsun (s. d.).
Eingeführt werden für Anatolien (1896 für 13,47 Mill. M.) besonders Baumwollwaren (für 2.77 Mill.
M.), Tuch (1,43 Mill.), Zucker
[* 23] (0,92 Mill.), Brotmehl (0,75 Mill.), Thee (0,56 Mill.), Kleider w,45 Mill.), Kaffee (0,45 Mill.)
u. s. w., ferner nach Persien in Durchfuhr (für 11,67 Mill. M.) hauptsächlich Baumwollwaren, Wollwaren, Thee, Seiden- und
Sammetstoffe.
Das alte Trapezūs war eine griechische, von Sinope aus angeblich schon 756 v. Chr., wahrscheinlich erst
im 7. Jahrh. angelegte, bedeutende Pflanzstadt, unter Hadrian die wichtigste Stadt am Pontus Euxinus. Sie gehörte im 7. und 8. Jahrh.
n. Chr. zum Thema Armeniacon, vom 9. bis 12. Jahrh. zum Thema Chaldia (Chaldäa) im ByzantinischenReiche und war Sitz eines Metropoliten.
Im spätern Mittelalter gab sie einem kleinen Reiche, dem sog. Kaisertum Trapezunt, den Namen. Als nämlich die
Kreuzfahrer 1204 die regierende Familie der Komnenen (s. d.) vertrieben, errichtete ein Prinz des vertriebenen kaiserl.
Hauses, Alexios, einen neuen Staat in Asien
[* 31] und nahm seinen Sitz in Trapezunt, wo er vorher Statthalter gewesen war. Seine Nachfolger
legten sich den Kaisertitel bei und führten den Familiennamen der Komnenen fort, bis David (s. d.) Komnenos 1462 der
türk. Übermacht erlag. -
Vgl. Fallmerayer, Geschichte des Kaisertums zu Trapezunt (Münch. 1827).