Titel
Vogel
,
1) Christian Lebrecht, Maler, geb. zu Dresden, [* 2] bildete sich auf der Kunstakademie daselbst, lebte dann zu Wildenfels im ¶
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Erzgebirge, ward 1804 Professor an der Dresdener Akademie u. starb Er war sowohl als Historien- wie als Porträtmaler thätig; namentlich gelangen ihm Darstellungen aus dem Kinderleben.
2) Ludwig, Maler, geb. zu Zürich, [* 4] war anfangs Zuckerbäcker und trieb die Malerei nur in den Mußestunden. 1808 bezog er die Akademie in Wien, [* 5] wo er jedoch keine Befriedigung fand. Er wanderte deshalb 1810 nach Rom und [* 6] schloß sich dort an Thorwaldsen, Koch und Cornelius an. Hier entstand sein erstes größeres Bild: die Rückkehr der Schweizer aus der Schlacht bei Morgarten. Nachdem er sich noch eine Zeitlang in Florenz [* 7] aufgehalten hatte, kehrte er in die Heimat zurück und führte dort bis in die Mitte der 60er Jahre eine Reihe von Darstellungen aus dem Volksleben und der Geschichte der Schweiz [* 8] aus, denen man eine glückliche Komposition und dramatisches Leben nachrühmte. Eine der bekanntesten ist der von Gonzenbach gestochene Schweizerbund von 1307. Er starb
3) Karl, ausgezeichneter Schulmann, geb. zu Stadtilm, studierte in Jena
[* 9] Philologie und Theologie, ward 1816 Lehrer, 1821 Mitdirektor
eines Erziehungsinstituts in Tharant (später bei Dresden), 1824 Direktor der höhern Stadtschule zu Krefeld,
[* 10] 1832 Direktor der
Bürgerschule in Leipzig,
[* 11] die er neu organisierte; starb Vogel
gab zahlreiche Schulschriften heraus,
welche ihrer Zeit große Verbreitung gefunden haben. Er gab den Anstoß zu der ersten Versammlung der Lehrer an deutschen
Real- und höhern Bürgerschulen (Meißen
[* 12] 1845) und zu verschiedenen wohlthätigen Stiftungen in Leipzig. Um den Elementarunterricht
machte er sich verdient durch die Einführung und Empfehlung der verbesserten Jacototschen Methode des
ersten Leseunterrichts, der sogen. Normalwörtermethode. Seit 1852 redigierte er mit Körner eine pädagogische Zeitschrift:
»Die höhere Bürgerschule«.
4) Albert, Holzschneider, geb. 1814 zu Berlin, [* 13] bildete sich anfangs auf der dortigen Akademie zum Maler, seit seinem 20. Jahr aber in Leipzig zum Holzschneider aus. Hier führte er unter anderm Schnitte nach Zeichnungen von Hübner und Bendemann zu einer Prachtausgabe des Nibelungenliedes und Schnitte nach Zeichnungen Menzels zu Kuglers »Geschichte Friedrichs d. Gr.« aus. Nachdem er wieder in Berlin seinen Wohnsitz genommen, beteiligte er sich an den Schnitten nach Menzels Illustrationen zu den Werken Friedrichs d. Gr. und fertigte dann zahlreiche Schnitte nach Kaulbach für die v. Deckersche Prachtbibel, nach Pfannschmidt u. a., wobei er sich zum Teil statt des Stichels des alten Schneidemessers bediente. Er war Lehrer der Holzschneidekunst in der Berliner [* 14] Kunstakademie und königlicher Professor und starb
5) Jakob (gewöhnlich Vogel
von Glarus),
schweizer. Dichter, geb. zu
Glarus,
arbeitete seit seinem achten Jahr in einer Fabrik, durchwanderte mit 21 Jahren die Schweiz und das südliche Frankreich und begründete
nach seiner Rückkehr nach Glarus
1843 eine Buchdruckerei daselbst, mit der er später auch eine Verlagshandlung verband, der
er noch heute vorsteht. Vogel
ist einer der eifrigsten Sammler und gründlichsten Kenner der poetischen Litteratur
seines Vaterlandes; seiner Begeisterung für dieselbe entstammt die Anregung zu dem von ihm verlegten Werk »Die
poetische Nationallitteratur der Schweiz von Haller bis auf die Gegenwart« (von R. Weber und Honegger, 1866-76, 4 Bde.). Als
Dichter veröffentlichte er: »Gedichte« (12.
Aufl. 1886),
»Lyrische Gedichte« (1868),
»Neuere Gedichte« (1868),
»Bilder aus den Alpen«, [* 15] Gedichte (1874),
daneben auch Epigramme (»Raketen«, [* 16] »Taranteln«, »Wilde Kastanien«, »Birkenzweige«, 1868 u. 1871), Werke, welche sich durch Wahrheit der Empfindung und Anmut der Form auszeichnen.
6) August, Agrikulturchemiker, geb. zu München, [* 17] studierte daselbst, in Göttingen [* 18] und Berlin, habilitierte sich 1840 in München, wurde 1869 zum Professor der Agrikulturchemie an der dortigen Universität ernannt und starb in Rosenheim. Er publizierte eine große Anzahl kleinerer Untersuchungen und Abhandlungen aus allen Gebieten der reinen und angewandten Chemie, viele technische Arbeiten und populäre Darstellungen. Auch schrieb er: »Naturstudien« (2. Aufl., Erfurt [* 19] 1860);
»Der Torf, seine Natur und Bedeutung« (Braunschw. 1859);
»Die Untersuchung des Biers« (Berl. 1866);
»Praktische Übungsbeispiele« (4. Aufl., Erfurt 1873);
»J. v. Liebig als Begründer der Agrikulturchemie« (Münch. 1874) u. a.
7) Karl, namhafter Kartenzeichner, geb. zu Hersfeld, [* 20] war 1846-51 bei der topographischen Landesaufnahme des ehemaligen Kurfürstentums Hessen [* 21] beschäftigt, ging dann nach Gotha, [* 22] um für den Herzog Ernst einen Atlas [* 23] schleswig-holsteinischer Schlachtenpläne zu zeichnen, und arbeitet seit 1853 in J. ^[Justus] Perthes geographischer Anstalt, namentlich an den Europa [* 24] (Spanien, [* 25] Frankreich, Deutsches Reich, Österreich-Ungarn, [* 26] Italien, [* 27] Balkanhalbinsel) [* 28] betreffenden Blättern des Stielerschen Atlas. 1880 erschien von ihm eine Karte des Thüringer Waldes.
8) Eduard, Afrikareisender, Sohn von Vogel
3), Bruder der Schriftstellerin Elise Polko (s. d.), geb. zu Krefeld, studierte
seit 1848 in Leipzig und Berlin Mathematik und Naturwissenschaften und ward 1851 Assistent Hinds an Bishops
Sternwarte
[* 29] in London.
[* 30] Hier wurde ihm 1853 auf Petermanns Rat von seiten der englischen Regierung der Antrag gemacht, an des verstorbenen
Richardson Stelle sich als Astronom der Expedition anzuschließen, welche unter Beteiligung der Deutschen Barth und Overweg in
Zentralafrika verweilte. Im Januar 1854 am Tsadsee angelangt, bestimmte Vogel
die Lage desselben sowie die
Höhe der großen Wüste, drang bis zum 9.° nördl. Br. nach Musgu vor, erforschte die Länder westlich vom Tsad, traf mit Barth
in der Nähe von Sinder im Dezember 1854 zusammen, drang dann bis Jakoba vor, welches vor ihm noch kein Europäer betreten hatte,
versuchte es, in Adamáua Eintritt zu gewinnen, mußte jedoch am Ufer des Binuë vor feindlichen Negerstämmen
umkehren und wandte sich im Dezember 1855 nach Wadai. Im Anfang gut aufgenommen, wurde er bei Abeschr südlich von Wara auf
Befehl des Sultans getötet.
Von Vogel
sind Briefe und Berichte in geographischen Fachschriften, namentlich
in »Petermanns Mitteilungen«, veröffentlicht.
Vgl. E. Polko, Erinnerungen an einen Verschollenen (Leipz. 1863).
9) Hermann Wilhelm, Photochemiker, geb. zu Dobrilugk, studierte Chemie und Physik an der Gewerbeakademie in Berlin und war seit 1858 Assistent von Rammelsberg und Dove und seit 1860 Assistent am mineralogischen Museum. 1863 gründete er den Berliner Photographenverein, aus dem 1869 der noch jetzt von ihm geleitete Verein zur Förderung der Photographie hervorging; auch gab er seit 1864 die »Photographischen Mitteilungen« (Berl.) heraus. Zugleich übernahm er 1864 den Lehrstuhl für Photochemie an der Berliner ¶
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Gewerbeakademie. 1868 war er Mitglied der norddeutschen nach Aden [* 32] entsendeten Sonnenfinsternisexpedition und der oberägyptischen Expedition. 1870 ging er zum Photographenkongreß nach Cleveland (Ohio) und bereiste den Norden [* 33] der Union und Kanada. Ende 1870 beteiligte er sich an der nach Sizilien [* 34] gehenden englischen Sonnenfinsternisexpedition und 1875 an der Sonnenfinsternisexpedition nach den Nikobaren, und 1876 und 1883 bereiste er abermals Nordamerika. [* 35]
Seit 1872 ist er Vorsitzender des Vereins für deutsches Kunstgewerbe und seit 1884 Vorsteher des phototechnischen Laboratoriums
der technischen Hochschule in Charlottenburg.
[* 36] Vogels
Untersuchungen erstrecken sich über alle Gebiete der Photographie; besonders
hervorzuheben sind die Untersuchungen über die Sensibilisatoren, die ihn 1873 zu der Entdeckung führten,
Gegenstände in den richtigen Tonwerten aufnehmen zu können, ferner die Arbeiten über alkalische Entwickelung (Kollodium,
Silberbäder, Pigmentdruck), die photographischen Studien über Perspektive und über die Prinzipien der Beleuchtung
[* 37] und Atelierkonstruktion
(1869), die Versuche über Leistungsfähigkeit der Linsen, sein Photometer
[* 38] etc. Seit 1873 beschäftigte er sich
spezieller mit Spektralphotographie und Spektralanalyse,
[* 39] auch konstruierte er 1877 ein Universalspektroskop. Er schrieb: »Lehrbuch
der Photographie« (3. Aufl., Berl. 1878);
»Praktische Spektralanalyse irdischer Stoffe« (2. Aufl., das. 1888 ff.);
»Die chemischen Wirkungen des Lichts und die Photographie« (2. Aufl., Leipz. 1883);
»Die Photographie farbiger Gegenstände in den richtigen Tonverhältnissen« (Berl. 1885);
»Vom Indischen Ozean bis zum Goldland«, Reisebeobachtungen (das. 1878);
»Lichtbilder nach der Natur« (das. 1879), über das Spiritistentreiben (das. 1880) u. a.
10) Hermann Karl, Astronom, Sohn von Vogel 3), geb. zu Leipzig, studierte auf dem Polytechnikum in Dresden, seit 1864 in Leipzig, wurde 1865 Hilfsarbeiter, später zweiter Observator an der dortigen Sternwarte, 1870 Direktor der Privatsternwarte des Kammerherrn v. Bülow zu Bothkamp bei Kiel [* 40] und widmete sich hier mit großem Erfolg ausschließlich der Astrophysik. 1874 folgte er einem Ruf als Observator an dem astrophysikalischen Observatorium in Potsdam, [* 41] und 1882 wurde er Direktor dieses Instituts. Er veröffentlichte: »Beobachtungen von Nebelflecken und Sternhaufen« (Leipz. 1867);
»Bothkamper Beobachtungen« (das. 1872 u. 1873, 2 Bde.);
»Untersuchungen über das Spektrum der Planeten« [* 42] (das. 1874) sowie »Untersuchungen über das Sonnenspektrum«, eine »Spektroskopische Durchmusterung des nördlichen Himmels«, »Beobachtungen mit dem großen Wiener Refraktor« etc. in den Publikationen des Potsdamer Observatoriums seit 1879.
11) Sir Julius, englisch-austral. Staatsmann, wurde auf der London University School und der Royal School of Mines gebildet, ging 1861 nach Neuseeland und griff dort sogleich thätig in das politische Leben der Kolonie ein, zuerst als Mitglied der Provinzialregierung von Otago, nach Vereinigung aller Provinzen als Mitglied des Kolonialministeriums. Als solches begründete er 1870 die bis in die neueste Zeit in Neuseeland befolgte Politik, wonach durch Anleihen auf dem englischen Geldmarkt die Einwanderung ins Land gezogen und die Herstellung einer großen Zahl von Verkehrsmitteln ermöglicht wurde.
Ist Neuseeland dadurch auch mit einer großen Schuldsumme belastet worden, so hat sich anderseits die Bevölkerung [* 43] in wenigen Jahren verdoppelt, und der Aufschwung ist ein außerordentlicher gewesen. Der großartige Plan der Bildung eines englischen Polynesien ging ebenfalls von Vogel aus; doch billigte das englische Parlament das demselben 1874 vorgelegte Projekt der New Zealand and Polynesian Company, welches jenes Ziel erreichen wollte, nicht. Nachdem Vogel Mitglied und Führer mehrerer Ministerien gewesen, übernahm er 1876 den Posten eines Generalbevollmächtigten der neuseeländischen Regierung in London, den er bis 1881 bekleidete. Er kehrte dann nach Neuseeland zurück, wo er 1884-87 einen Ministerposten bekleidete. Auch trat er an die Spitze eines Unternehmens, welches den Bau von Eisenbahnen in Westaustralien nach dem amerikanischen System der Landbewilligungen bezweckt. Er schrieb »Official handbook of New Zealand« (Lond. 1875).