Raubtier
[* 3] aus der
Familie der
Hunde
[* 4]
(Canida) und der
GattungHund
(CanisL.),
1,15 m lang, mit 45
cm langem
Schwanz, etwa 85
cm hoch, mit hagerm Leib, mäßig großer, breiter, gestreckter,
spitziger Schnauze, breiten, spitzen, aufrechten
Ohren, meist etwas schief stehenden
Augen mit runder
Pupille, ziemlich hohen,
dürren
Beinen, vorn fünf-, hinten vierzehigen
Füßen, lang herabhängendem, langhaarigem
Schwanz und einer Schwanzdrüse
(Violdrüse). Der
Pelz variiert in Haarwuchs und Färbung nach dem
Klima
[* 5] und Aufenthaltsort. Er ist gewöhnlich
fahl graugelb mit schwärzlicher Mischung, unterseits und an der
Stirn heller, oft weißlichgrau, an der Schnauze gelblichgrau
mit
Schwarz gemischt, an den
Wangen gelblich. Im
Sommer ist die Färbung mehr rötlich, im
Winter mehr gelblich, in nördlichen
Ländern mehr ins
Weiße geneigt, in südlichen mehr schwärzlich.
Das Weibchen ist schwächer gebaut, mit spitzerer Schnauze und dünnerm
Schwanz. Gebirgswölfe sind meist groß und stark,
die
Wölfe der
Ebene kleiner und schwächer, aber nicht weniger raublustig. In
Ungarn
[* 6] unterscheidet man den kleinern rötlichgrauen
Rohrwolf und den größern aschgrauen Waldwolf. Als sicheres Unterscheidungsmerkmal zwischen Wolf und
Hund gibt
Altum an, daß die
Nasenbeine am
Schädel beim
Hund kaum, beim Wolf dagegen stark die Oberkieferbeine überragend in die
Stirnbeine hineintreten.
und Belgien
[* 14] nach Ost- und Westpreußen,
[* 15] Posen,
[* 16] den Rheinlanden und Oberschlesien. Der Wolf bewohnt namentlich dichte Wälder, in
Mitteleuropa nur die der Hochgebirge, im Süden die Steppe, in Spanien
[* 17] auch Getreidefelder, schweift weit umher, oft 6-10 Meilen
in einer Nacht, lebt im Frühjahr und Sommer einzeln, zu zweien oder dreien, im Herbst in Familien, im Winter
in mehr oder minder zahlreichen Meuten. Nur in einsamen Wäldern zeigt er sich bei Tage, in bevölkertern Gegenden wird er
meist erst in der Dämmerung rege. Er ist ungemein blutdürstig, jagt Säugetiere, Vögel
[* 18] und allerlei Kleingetier, frißt aber
auch Aas und Pflanzenstoffe, namentlich Obst.
Dem Wildstand wird er sehr gefährlich, im Herbst u. Winter nähert er sich den Ortschaften, durchläuft Dörfer und selbst
Städte, überfällt das weidende Vieh, jagt namentlich auch Hunde und wagt sich in Meuten selbst an Pferde
[* 19] und Rinder.
[* 20] Dabei
würgt er viel mehr, als er fressen kann, und wird dadurch namentlich im Winter, wo ihm der Wald weniger
bietet, zur Geißel für Hirten und Jagdbesitzer. Er frißt auch seinesgleichen. Den Menschen vermeidet er soviel wie möglich;
ein Weib oder Kind greift er wohl an, aber an den Mann gehen in der Regel nur vom Hunger gepeinigte Meuten, nicht leicht einzelne
Wölfe. Er zeigt ebenso große List, Schlauheit und Frechheit wie der Fuchs,
[* 21] und die Meute jagt planmäßig, indem ein Teil derselben
die Beute verfolgt, der andre ihr den Weg zu verlegen sucht.
Solange er nicht Hunger fühlt, ist er feig und furchtsam; vom Hunger gestachelt, wird er aber mutig, tollkühn
und trotzt dann jedem Schreckmittel. Bei den Nomadenvölkern ist der Wolf der schlimmste aller Feinde und kann unter
Umständen die Viehzucht
[* 22] geradezu unmöglich machen. Ein einziger Wolf richtete bei Schliersee und Tegernsee in neun Jahren einen
Schaden von 8-10,000 Gulden an. Nach offiziellen, aber, wie Lasarewski nachweist, viel zu niedrigen Angaben
werden von den Wölfen in Rußland jährlich 180,000 Stück Großvieh und 560,000 Stück Kleinvieh (ohne Federvieh), im GouvernementKasan
[* 23] allein 11,000 Gänse vernichtet. Über den Schaden, den derWolf jährlich in Rußland verursacht, gibt eine Schrift Lasarewskis
(im Auftrag des Ministeriums des Innern, Petersb. 1877) Auskunft.
Die Ranzzeit währt von Ende Dezember bis Mitte Februar. Das Weibchen wirft nach einer Tragzeit von 63-64
Tagen an einem geschützten Platz im Wald 3-9, gewöhnlich 4-6 Junge, welche 21 Tage blind bleiben, sich ganz wie junge Hunde
benehmen, bei Gefahr von der Mutter verschleppt werden und im dritten Jahr fortpflanzungsfähig sind. Daß
der Wolf seine Jungen auffrißt, wo er sie findet, scheint nur bedingungsweise richtig zu sein, jedenfalls nehmen die ältern
Wölfe sich ihrer an, nachdem sie die Wölfin ihnen zugeführt hat.
Das Alter, welches der Wolf erreicht, beträgt etwa 12-15 Jahre. Mit dem Hund erzeugt der Wolf fruchtbare Bastarde, welche in der
Regel mehr dem Wolf als dem Hund gleichen. Jung aufgezogene Wölfe werden sehr zahm und zeigen große Anhänglichkeit an den Herrn.
Man jagt den Wolf überall, um ihn zu vertilgen, aber auch des Pelzes halber. Die meisten Wölfe werden gegenwärtig mit Strychnin
getötet, indem man ein getötetes Schaf
[* 24] damit imprägniert und auf die bekannten Wechselstellen der Wölfe
wirft.
Loki verfolgte in Wolfsgestalt den Mond
[* 27] und drohte ihn zu verschlingen. Verschiedene Teile des Wolfs galten als heilkräftig.
Schuhe aus Wolfsfell lassen die Kinder zu tapfern Männern erwachsen. Gewöhnlich zeigt sich der Wolf der Sage diabolisch, bald
falsch und boshaft, bald als ein Narr. Die Nacht und der Winter sind die Zeit des Wolfs; geächtete Verbrecher
trugen nach der Sage des Mittelalters ein caput lupinum. Der Wolf Ysengrin der Mythe besitzt viel von der diabolischen Verschlagenheit
des Fuchses. Bastardsöhne des mythischen Wolfs leben in der bürgerlichen Gesellschaft, behalten aber ihre Wolfsgewohnheiten
bei (vgl. Werwolf). - Die Spur des Wolfs hat Ähnlichkeit
[* 28] mit der eines großem Hundes, unterscheidet sich
jedoch von derselben dadurch, daß sie länger ist, weil die beiden mittelsten Zehen merklich länger sind, auch dichter zusammenstehen
als beim Hund. Außerdem schnürt der Wolf beim Traben genauer als dieser. Man erlegt ihn auf Treibjagen am
sichersten, nachdem er vorher bei einer Neue fest eingespürt ist, und verlappt, wenn man Jagdzeug zur Verfügung hat, den Distrikt,
in welchem er steckt, da er die Lappen sehr gut respektiert. Außerdem wird er auf der Schießhütte, durch Luder angekirrt,
geschossen, auch im Tellereisen
[* 29] sowie im Schwanenhals und in Fallgruben gefangen.
Durch seine mathematische Lehrmethode sowie durch die Deutlichkeit und Bestimmtheit der Begriffe und Lehrsätze in seinen Vorträgen
fand seine Philosophie viele Anhänger, dagegen ward er von pietistischen Theologen bei der Regierung als
Religionsverächter und »Determinist« denunziert, durch eine Kabinettsorder
FriedrichWilhelms I. vom seiner Stelle entsetzt und ihm unter Androhung des Stranges befohlen, Halle in 24 Stunden
und die preußischen Staaten in zwei Tagen zu verlassen.
wo er 1743 zum Kanzler und 1745 vom Kurfürsten von Bayern
[* 40] während des Reichsvikariats in den Reichsfreiherrenstand erhoben
wurde. Er starb Wolfs Verdienst besteht vornehmlich darin, daß seine streng mathematische MethodeOrdnung, Licht
[* 41] und Gründlichkeit in das Ganze der Wissenschaft brachte. Seine Philosophie ist im wesentlichen eine Popularisierung
der Leibnizschen, wodurch er aber zugleich den eigentlich metaphysischen Grundbegriffen derselben, namentlich der Leibnizschen
Monadolgie, die Spitze abbrach.
Bei dem damals sich regenden Pietismus war Wolfs Einfluß auf sein Zeitalter um so wohlthätiger. Auch um die deutsche Sprache
erwarb er sich wesentliche Verdienste, indem er eigentlich zuerst ihren Reichtum für philosophische Begriffe
entwickelte und rein und verständlich in derselben schrieb. Seine schriftstellerische Thätigkeit war ungemein groß. Er
behandelte sämtliche mathematische und philosophische Wissenschaften in einer doppelten Reihe von Werken, einmal ausführlich
in lateinischer Sprache,
[* 42] sodann kürzer in deutschen Lehrbüchern. Seine systematischen Werke über sämtliche Hauptteile
der Philosophie betragen allein 22 Bände in Quart.
[* 43]
Vgl. »Christ. Wolfs eigne Lebensbeschreibung« (hrsg. von
Wuttke, Leipz. 1841); Ludovici, Ausführlicher Entwurf einer vollständigen Historie der Wolfschen Philosophie (das. 1737, 3 Bde.);
Zeller, Wolfs Vertreibung aus Halle (»Vorträge und Abhandlungen«, 2. Aufl., das. 1875).
Hier entfaltete er eine wahrhaft großartige Wirksamkeit. Seine Hauptaufgabe fand er darin, den vaterländischen Schulen tüchtige
und gründlich gebildete Lehrer heranzuziehen, von vornherein das Lehramt von dem des Geistlichen sondernd,
und doch fällt in diese Zeit auch sein wissenschaftliches Hauptwerk, die »Prolegomena ad Homerum sive de operum Homericorum
prisca et genuina forma variisque mutationibus et probabili ratione emendandi« (Bd.
1, Halle 1795, 1859; wiederholt mit NotenBekkers, Berl. 1872 u. 1875). Indem sie zu
begründen suchten, daß »Ilias« und »Odyssee« in ihrer gegenwärtigen Gestalt nicht das Werk Homers, sondern mehrerer Rhapsoden
seien, teilten sie die gesamte Welt der Gebildeten in zwei streitende Lager
[* 47] und bildeten den Ausgangspunkt für die moderne
kritische Richtung in der Litteraturforschung überhaupt (s. Homeros, S. 693). Die Äußerung mehrerer Gelehrten,
unter andern Heynes, daß ihnen längst gleiche Gedankenvor derSeele geschwebt hätten, veranlaßte die geistreichen »Briefe
an Heyne, eine Beilage zu den neuesten Untersuchungen über Homer« (Berl. 1797), von denen die drei ersten als treffliche Muster
gelehrter Polemik und feiner Ironie betrachtet werden können.
Nach manchen Richtungen unzufrieden, hat er aber seine Hallesche Wirksamkeit nie mehr erreicht. Zur Wiederherstellung seiner
angegriffenen Gesundheit unternahm er im April 1824 eine Reise nach dem südlichen Frankreich, wo er 8. Aug. d. J.
in Marseille
[* 51] starb. Seine zahlreichen Schriften umfassen fast alle Zweige der Altertumswissenschaft. Von griechischen Schriften
edierte er außer Platons »Symposion«: Hesiods »Theogonie« (Halle 1783),
Homer (das. 1784-85, 4 Bde.;
neue Rezension, das. 1804-1807, 4 Bde.; 2. Aufl.
1817; die »Ilias« auch das. 1794, 2 Bde.,
und als Anhang dazu die »Prolegomena ad Homerum«, das. 1795),
Platons »Phädon« (das. 1790; vgl. »Zu
PlatonsPhädon«, Berl. 1812) und »Dialogorum delectus«
(mit klassischer lat. Übersetzung, das. 1812, ohne dieselbe 1820 u.
1827). Von Lateinern bearbeitete er Ciceros »Tuskulanen« (Leipz. 1792, 3. Aufl.
1825),
»Orationes IV: Post reditum in senatu, Ad Quirites post reditum, Pro domo sua, De haruspicum responsis«
(Berl. 1801) und »ProMarcello« (das. 1802, die er ebenso wie die vier genannten für unecht erklärte)
sowie den Sueton (Leipz. 1802, 4 Bde.).
Als trefflicher Übersetzer bewährte er sich in der Ausgabe von Aristophanes' »Wolken« (Berl. 1812) und dem Anfang der »Acharner«
(1-324, das. 1812) sowie von Horaz' erster Satire (das. 1813). Sonst veröffentlichte er: »Geschichte
der römischen Litteratur als Grundriß« (Halle 1787),
»Litterarische Analekten« (das. 1817-20, 4 Hefte). Auch
gab er Murets »Variae lectiones« (Bd. 1, Halle 1791; Bd. 2 von Fäsi, 1828) und Reiz' »De prosodiae graecae accentus inclinatione«
(Leipz. 1791) heraus. Nach seinem Tod erschienen, meist aus Kollegienheften entnommen, seine »Vorlesungen über
die vier ersten Gesänge von HomersIlias« (von Usteri, Bern
[* 54] 1830-31, 2 Bde.),
seine Anmerkungen zu Ciceros »Quaestiones
Tusculanae« (in der besondern Ausgabe derselben von Orelli, Zürich
1829) und zu Hesiods »Scutum Herculis« (in der Ausgabe von Ranke,
Quedlinb. 1840); ferner die »Encyklopädie der Philologie« (von Stockmann und Berat, Leipz. 1830, 2. Ausg. 1845),
die »Vorlesungen
über die Altertumswissenschaft« (von Gürtler, das. 1831-35, 5 Bde.),
Julius, Nationalökonom, geb. in Brunn, studierte in Tübingen
[* 57] und Wien,
[* 58] habilitierte sich 1885 in Zürich
und
wurde 1888 zum außerord., 1889 zum ord. Professor der Nationalökonomie ernannt. Er veröffentlichte: «Reform der Zuckersteuer
in Österreich»
[* 59] (Wien 1880),