Titel
Abruzzen
,
Absaigern - Absatz

* 2
Seite 51.64.ital. Abruzzi, benannt von Abruzzo (Aprutium), dem mittelalterlichen Namen der Stadt Teramo (Interamna), der nördlichste Teil des ¶
mehr
ehemaligen Königreichs Neapel, [* 3] grenzt im N. an die Marken und Umbrien, im NO. an das Adriatische Meer, im SO. an Apulien, im S. an Terra di Lavoro, im W. an Latium und bildet mit Molise ein Compartimento von 17 273 (nach Strelbitskij 17 008) qkm mit (1881) 1 317 215, (1889) 1 434 351 E., d. i. 83 auf 1 qkm, zerfällt in 4 Provinzen:
1) Abruzzo citeriore oder Chieti im SO. (3092 qkm, [1881] 34 3948 E.);
2) Abruzzo ulteriore 1 oder Teramo im NW. (2875 qkm, 254 800 E.);
3) Abruzzo ulteriore II oder Aquila im W. (6625 qkm, 35 3027 E.);
4) Campobasso oder Molise (4416 qkm, 365 434 E.). Das Hochland der Abruzzen
bildet den wildesten und höchsten Teil des apenninischen
Gebirgssystems mit dem höchsten Gipfel, dem Monte-Corno (2921 m), in der Gruppe des Gran
[* 4] Sasso d'Italia und zeigt die eigentümlichen
und außerordentlich malerischen Formen des Kalksteins; die Höhen bilden nach der einen Seite mächtige
Wände, nach der andern weniger schroffe Hänge mit trefflichen Matten. Doch sind die Hänge im ganzen ebenfalls steil
und durch wilde Schluchten zerrissen.
Schneckenfenster - Sch
![Bild 64.556: Schneckenfenster - Schneeammer [unkorrigiert] Bild 64.556: Schneckenfenster - Schneeammer [unkorrigiert]](/meyers/thumb/64/64_0556.jpeg)
* 5
Schnee.Dagegen zeigt der Subapennin (Monti Sabini), der sich westlich vom Lago-Fucino an den Hauptstock anlegt, einen sanftern, terrassenförmigen Aufbau. Das Klima ist rauh; Schnee [* 5] bedeckt die Gipfel der Berge vom Oktober bis April und überdauert an geschützten Stellen den Sommer; dichte Wälder von Eichen, Buchen, Ulmen und weiter oben Nadelbäumen krönen die Höhen und bergen Wölfe, Bären, Wildschweine und zahlreiches Dam- und Rotwild. Nur die Thäler sind fruchtbar, Mandel-, Nuß- und andere Obstbäume gedeihen überall, Ölbäume in den tiefern Gegenden.
Norddeutscher Lloyd -
![Bild 62.415: Norddeutscher Lloyd - Nordenberg [unkorrigiert] Bild 62.415: Norddeutscher Lloyd - Nordenberg [unkorrigiert]](/meyers/thumb/62/62_0415.jpeg)
* 7
Norden.
Die Hauptbeschäftigung der Bewohner ist Viehzucht,
[* 6] aber auch der Anbau von Korn, Reis, Gemüse und allerlei Küchengewächsen,
von Färberröte, Safran und Wein ist verbreitet. Die Industrie wie die Maulbeer- und Seidenzucht machen gute Fortschritte.
Auch bereitet man Pökelfleisch, Würste und vortreffliche Schinken. Militärisch bedeutend werden die
Abruzzen
dadurch, daß in ihnen nur eine, für eine Armee äußerst beschwerliche Heerstraße in das Neapolitanische führt. In
neuerer Zeit ist durch eine von Gaeta gegen Norden
[* 7] nach der mittlern Hochebene eröffnete Kunststraße eine wichtige unmittelbare
Verbindung des Hochlandes mit dem Tyrrhenischen Meere hergestellt worden.
Die Bahnlinie Pescara-Solmona (seit 1873) übersteigt die in der Nähe von Popoli und teilt sich bei Solmona in zwei Zweige,
deren einer nordnordwestlich über Aquila und Rieti nach Terni (seit 1883) führt, während der andere nach Westen über Avezzano
und Tivoli nach Rom
[* 8] (seit 1887) geht und die beiden Meere verbindet. Die Abruzzesen sind ein Hirtenvolk
von patriarchalischer Einfachheit, den heimatlichen Gebirgen treu anhänglich, abergläubisch und gastfrei. Das nach der Einverleibung
Neapels in das Königreich Italien
[* 9] hier auftretende, von der bourbonischen Reaktion unterstützte Banditenwesen ist seitdem
unterdrückt. Über die Kunst in den Abruzzen
vgl. Bindi, Monumento storici
ed artistici degli Abruzzi (Neap. 1889).