Malz
(lat. maltum), einem unterbrochenen Keimungsprozeß unterworfenes
Getreide,
[* 2] welches durch diese Behandlung in
hohem
Grade die
Eigenschaft erlangt, die in ihm enthaltene
Stärke
[* 3] und selbst noch größere
Mengen von letzterer
in
Dextrin und
Zucker
[* 4] zu verwandeln. Man bereitet das Malz
namentlich für die
Zwecke der Bierbrauerei
[* 5] und
Branntweinbrennerei
und zieht die
Gerste
[* 6] allen andern Getreidearten vor, weil sie jene zuckerbildende
Kraft
[* 7] in besonders hohem
Grad erreicht.
Die Malz
bereitung beginnt mit dem Einweichen oder Einquellen, zu welchem
Zweck man die möglichst gleichartige
Gerste einige
Zentimeter hoch mit
Wasser übergießt und die schwimmenden tauben oder beschädigten
Körner abschöpft (Abschöpfgerste
zu Viehfutter). Das
Wasser reinigt die
Gerste und löst aus der strohigen
Samenschale
Extraktivstoffe, welche leicht in
Gärung
und
Fäulnis übergehen, so daß man das
Wasser wiederholt wechseln muß. Nach 2-7
Tagen hat die
Gerste 40-50
Proz.
Wasser aufgenommen, ihr
Volumen um 18-24 Proz. vergrößert, aber um 1-2 Proz. an
Gewicht verloren. Man läßt sie abtropfen
und bringt sie auf die Malz
tenne (Haufentenne, Wachskeller), um die
Keimung einzuleiten. Hierbei nimmt zunächst die
Quantität
der löslichen Kleberstoffe zu, und gleichzeitig beginnt die
Dextrin- und Zuckerbildung. Diese Umwandlung
unlöslicher in lösliche
Stoffe ermöglicht die
Entwickelung des
Keims,
¶
mehr
welchem letztere als erste Nahrung dienen. Zuerst tritt das Würzelchen hervor und erreicht eine gewisse Länge, dann beginnt
das Wachstum des Blattfederchens, aus welchem sich der Halm entwickelt, und in diesem Moment besitzt das Korn die größte zuckerbildende
Kraft. Bei weiterm Fortschreiten der Keimung würde dieselbe wieder abnehmen und namentlich viel Stoff von der
nun schnell wachsenden Pflanze verbraucht werden; es kommt also darauf an, die Keimung in einem bestimmten Zeitpunkt zu unterbrechen,
und die Aufgabe der Malz
bereitung ist, dafür zu sorgen, daß zu diesem Zeitpunkt alle Körner gleich weit entwickelt sind.
Der Malz
keller muß 2-3 m in der Erde liegen, mit niedrigen, innen durch Klappen oder Laden verschließbaren
Fenstern versehen sein und eine möglich beständige Temperatur von 10-15° besitzen. Auf dem sorgfältig geebneten steinernen
Fußboden breitet man die eingeweichte Gerste zu einem 12-15 cm hohen Haufen (Malz
scheibe, Beet) aus und schaufelt diesen alle
6-8 Stunden um, bis die Oberfläche hinreichend getrocknet erscheint. Zeigt sich dann der Keim als weißer
Punkt, aus welchem sich mehrere Würzelchen entwickeln (Guzeln, Äugeln), so macht man den Haufen je nach der Temperatur des
Lokals 30-60 cm hoch und läßt ihn längere Zeit liegen, damit sich die Temperatur steigere.
Bei dem Keimen wird nämlich unter Absorption von Sauerstoff und Bildung von Kohlensäure viel Wärme [* 9] entwickelt, und durch geschickte Regelung der Temperatur hat man den Keimungsprozeß völlig in der Gewalt. Die Würzelchen erreichen bald die Länge von mehreren Millimetern und beginnen sich zu verfilzen; man zieht dann den Haufen mehr und mehr aus und sucht das Würzelchen auf die 1,25-1,5fache Länge des Korns zu bringen, ohne daß sich der Blattkeim entwickelt.
Die mittlere Keimzeit beträgt acht Tage, und Frühling und Herbst sind dem Prozeß günstiger als der Sommer. Der Gewichtsverlust
der Gerste während des Keimens beträgt 3 Proz. Zur Tötung des Keims bringt man das Grünmalz
, welches
bisweilen auch als solches verbraucht wird, auf den Trockenboden (Schwelkboden, Schwelche, Welkboden), wo es in 3-5 cm hoher
Schicht ausgebreitet und täglich sechs- bis siebenmal umgeschaufelt wird, so daß es unter dem Einfluß eines lebhaften
Luftzugs schnell trocknet.
Dabei brechen die Würzelchen zum Teil ab, den Rest entfernt man durch Treten mit Holzschuhen oder in
einer rotierenden Trommel und sondert dann die Würzelchen von dem Malz
durch eine Wurfmaschine. So erhält man das Luft- oder
Schwelchmalz.
Für die meisten Biere aber wird das Malz
während des Trocknens einer höhern Temperatur ausgesetzt (gedarrt),
um sowohl den Dextringehalt zu steigern, als auch gewisse Röstprodukte zu bilden, welche den Geschmack
des Biers verbessern und es haltbarer machen.
Stets wird das Grünmalz
zur Bereitung von Darrmalz zunächst auf dem Schwelkboden einigermaßen getrocknet, und dann muß
die Temperatur auf der Malzdarre sehr sorgfältig geregelt werden, weil in dem feuchten Malz
die Stärke leicht in
Kleister übergeführt wird und das trockne bei zu hoher Temperatur zwar nicht die zuckerbildende Kraft, wohl aber die Feinheit
des Aromas einbüßt. Feucht zu stark erhitztes Malz
bildet das Glasmalz (Steinmalz
), in welchem der Kleister zu einer hornartigen
Masse getrocknet und für Wasser undurchdringlich geworden ist.
Zum Erhitzen des Malzes
dienen die Malzdarren, in welchen das Malz
auf siebähnlich durchlöchertem Metallblech
(Blechdarren) oder auf Drahtgeflecht (Drahtdarren) entweder
durch die Verbrennungsgase direkt (Rauchdarren) oder durch heiße
Luft (Luftdarren), bisweilen auch unter Anwendung beider Systeme, erhitzt wird. Für Brennereien wird das Malz schließlich höchstens
auf 56, für Brauereien aber auf 100° erhitzt. Je nach der angewandten Temperatur erhält man gelbes,
bernsteingelbes oder braunes Malz. Außerdem röstet man zum Färben dunkler Biere Malz in blechernen Cylindern über freiem Feuer,
bis es durch und durch dunkel kaffeebraun geworden ist (Farbmalz), wobei es freilich die zuckerbildende Kraft völlig einbüßt. 100 Teile
Gerste geben durchschnittlich 92 Teile Luftmalz, auf 8-9 Volumen Gerste aber erhält man 1 Vol. Malz mehr.
Lufttrocknes Malz enthält, wie lufttrockne Gerste, etwa 12 Proz. Wasser. In neuerer Zeit sind auch mechanische Mälzereieinrichtungen
angegeben worden, in welchen der Keimlings- und Darrungsprozeß auf einfache und wirksame Weise mechanisch geregelt wird. Dieselben
scheinen besonders für Malzfabriken und Bierbrauereien geeignet zu sein. Die Veränderungen, welche
die Bestandteile der Gerste bei der Umwandlung in Malz erleiden, zeigt folgende Tabelle:
Gerste | Luftmalz | Darrmalz | Stark gedörrtes Malz | |
---|---|---|---|---|
Röstprodukte | 0.0 | 0.0 | 7.8 | 14.0 |
Dextrin | 5.6 | 8.0 | 6.6 | 10.2 |
Stärke | 67.0 | 58.1 | 58.6 | 47.6 |
Zucker | 0.0 | 0.5 | 0.7 | 0.9 |
Zellstoff | 9.6 | 14.4 | 10.8 | 11.5 |
Eiweißstoffe | 12.1 | 13.6 | 10.4 | 10.5 |
Fett | 2.6 | 2.2 | 2.4 | 2.6 |
Mineralstoffe | 3.1 | 3.2 | 2.7 | 2.7 |
Die zuckerbildende Kraft des Malzes beruht auf seinem Gehalt an Diastase (und Maltin, s. Diastase), und man benutzt dieselbe, um in der Bierbrauerei und Branntweinbrennerei große Mengen Stärkemehl in Dextrin und Zucker umzuwandeln. Die zuckerbildende Kraft ist am stärksten im Grünmalz und vermindert sich beim Darren so stark, daß 100 Teile Grünmalz trotz des hohen Wassergehalts ebensoviel Stärke in Dextrin und Zucker verwandeln wie 100 Teile Darrmalz. Anderweitige Verwendung findet das Malz zur Bereitung von Malzextrakt, Malzbonbons etc., zur Liebigschen Suppe für Säuglinge, zu Bädern etc. Vor der Verwendung wird das Malz zwischen Walzen zerquetscht, Darrmalz auch auf gewöhnlichen Mahlgängen geschroten, und damit sich beim Einmaischen keine Klümpchen bilden, deren Verflüssigung viel Zeit kosten würde, wendet man Malzmilchapparate an, welche das Malz mit Wasser zu einer milchartigen Flüssigkeit zusammenreiben.
Mit großem Vorteil benutzt man auch Vorrichtungen nach Art der Holländer in den Papierfabriken, welche das Malz außerordentlich fein zerteilen und alle kleinsten Teile zur Wirksamkeit bringen.
Vgl. Schneider, Mälzerei.
Chemie und Physiologie der Malzbereitung (Leipz. 1874);
Bersch, Die Fabrikation von Malz (Berl. 1880);
Thausing, Theorie und Praxis der Malzbereitung etc. (Leipz. 1882);
Johannesson, Lexikon der Malzfabrikation etc. (Berl. 1884);