[* 1] (ital. Sardegna, franz. Sardaigne), eine
zum
KönigreichItalien
[* 2] gehörende
Insel im
MittelländischenMeer, unter 38° 54'-41° 18' nördl.
Br. und 7° 8'-9°
50' östl. L. v. Gr., im
Süden der
InselCorsica,
[* 3] von der sie durch die 11 km breite
Straße von
Bonifacio getrennt ist, gelegen, 185 km
vom
Kap Argentaro des italienischen
Festlandes entfernt.
Ihrer Gestalt nach wurde die
Insel von den Alten mit einer Fußsohle
verglichen; sie bildet ein
Rechteck von 278 km
Länge (von
Norden
[* 4] nach
Süden) und einer
Breite
[* 5] von 101-144
km, das an der
Nord- und Südseite durch sich schräg gegenüberliegende
Busen eingerissen und von 44 größern und kleinern
Gestadeinseln begleitet ist.
Das
Innere von S. ist durchaus gebirgig, doch nehmen die höchsten Granitgebirge nur die östliche Hälfte
ein. Etwa in der Mitte zwischen
Norden und
Süden liegen, der Ostküste näher, der 1918 m hohe Brunca und der 1865 m hohe
MonteGennargentu (Janua argenti); im nördlichen Teil der ebenfalls granitische, 1319 m hohe
Monte Limbara. Das Nordende von
S. zeigt eine zertrümmerte tertiäre Kalkformation, welche mit der von
Corsica völlig identisch ist.
In der Mitte der
Insel lehnt sich westlich ein bis zu 380 m hohes tertiäres Bergland an, aus welchem
sich der 1050 m hohe erloschene VulkanMonte Ferru erhebt, der bis an die Westküste vordringt; in seinem Krater
[* 7] liegt das Dorf
San Lussurgiu. Weiter nördlich, in dem zerrissenen Bergland an den Quellen des Temo, des Rio
[* 8] di Porto Torres und des Ozieri erheben
sich zahlreiche kleinere trachytische Vulkankegel. Der südwestliche gebirgige Teil, der ebenfalls über 1000 m
(Linas 1242 m) ansteigt, wird durch eine von NW. nach SO. ausgedehnte Tiefebene vom übrigen Gebirgsland getrennt; es ist
das durch seine Fruchtbarkeit berühmte Campidano, das von Cagliari bis Oristano reicht.
Eine andre kleine Tiefebene trennt im nordwestlichsten Teil die Gebirgsgruppe von La Nurra ab. Hier mündet
an der Nordküste der Rio di Porto Torres, einer der wenigen Flüsse
[* 9] der Insel, deren Wasser im Sommer nicht ganz versiegt. Die
bedeutendsten der zahlreichen Flüsse und Bäche sind: der Flumendosa (Saprus), der am Gennargentu entspringt und an der Ostküste
ins Meer fällt, der Coghinas an der Nordküste, der Tirso und Temo im Westen und der Samassi im Süden.
S. hat ein mildes Klima;
[* 10] die Mitteltemperatur des Jahrs beträgt in den Küstenlandschaften 17-18° C., die des Winters 11°
C., des Sommers 24° C., und bei der vom Meer und den zahlreichen Flüssen hinreichend feucht erhaltenen
Luft ist die Vegetation eine reiche und üppige. Es gedeihen alle Kulturgewächse der südlichen Mittelmeerländer, die Zwergpalme
ist heimisch und häufig, auch der Dattelpalme begegnet man nicht selten, und Agrumen finden sich, im großen gezogen, bei
Milis nördlich von Oristano in ganzen Wäldern.
Auch der Ölbaum gedeiht vortrefflich (1885 Ertrag 35,160 hlOlivenöl), ebenso der Weinstock, der den spanischen
ähnliche Weine liefert (1886: 767,900 hl). An Weizen wurden 1886: 782,000, an Gerste
[* 11] 1885: 288,216, an Hülsenfrüchten 1883:
54,028 hl geerntet. Doch steht die Bodenkultur auf niederer Stufe, Gestrüpp oder Unland, im günstigen FallWald (5980 qkm)
bedeckt die im Altertum angebaut gewesenen Striche. Dieser Rückgang der Bodenkultur und die Vernachlässigung
der Wasserläufe, welche zu Anfang des Sommers zu stagnieren beginnen, haben S. außerordentlich ungesund gemacht: es herrscht
die Malaria im Sommer nicht nur an den Küsten und in den Ebenen, sondern bis in die Gebirge und bringt den Fremden große
Gefahr, während die Eingebornen sich durch Bekleidung mit Schafpelzen auch im Sommer zu schützen wissen.
Ehedem war der größte Teil des Bodens der Insel lehnbares Besitztum und mit einer Unzahl von Steuern undLasten überbürdet,
unter denen der Wohlstand der bäuerlichen Bevölkerung
[* 12] erlag. Diese Lehen wurden seit den 30er Jahren von der
Regierung abgelöst. Die Tierwelt hat manches Eigentümliche. Der Muflon, Wildschweine und Hirsche
[* 13] sind in den Bergwäldern
nicht selten. Viehzucht
[* 14] beschäftigt einen Teil der Bewohner, namentlich die Zucht grobwolliger Schafe,
[* 15] deren man 1881: 844,851
zählte, und die man hauptsächlich zur Käsebereitung benutzt, daneben die Zucht von Rindvieh (279,438 Stück),
Ziegen (261,531) und Pferden (1876: 64,801). Thun- und Korallenfischerei an der Nord- und Südwestküste sind sehr ergiebig. Der
Bergbau,
[* 16] dessen ZentrumIglesias ist, liefert namentlich Bleierze (1881: 436,000 metr. Ztr.),
metallisches Blei
[* 17] (16,000 metr. Ztr.), Zinkerz (924,600 metr.
Ztr.), Eisenerz (126,400 metr. Ztr.), Silber, Mangan u. Braunkohlen. Sehr bedeutend (an 2 Mill. metr. Ztr.)
ist der Ertrag der Salzgärten an den Küsten.
Die Einwohnerzahl betrug 1881: 682,002 und hat gegen 1861, wo man 588,064 Seelen zählte, um 18,7 Proz. zugenommen (sie
wurde
Ende 1887 auf 723,833 Seelen berechnet). Dennoch kommen auf 1 qkm erst 29 Einw. (in ganz Italien 99). Die
Sarden sind ein Gemisch von verschiedenen Völkerschaften, nähern sich aber ihrem Wesen nach mehr den Spaniern, mit denen
sie ja auch lange politisch vereinigt waren, als den Italienern. Italienisch wird auch nur in den großen Städten gesprochen.
Die Volksdialekte weichen stark voneinander ab, einige derselben liegen dem Spanischen, namentlich aber
dem Lateinischen nahe. Der Sarde ist fast noch Naturmensch, von mittlerer Größe, regelmäßig gebautem, schlankem, aber kräftigem
Körper, ruhig und gemessen, oft melancholisch in seinem Wesen, wie sich dies namentlich in seiner Volkspoesie ausprägt. Gastfreiheit
wird heilig gehalten, aber auch die Blutrache ist noch nicht völlig verschwunden. Ein lederner Rock und
ein Ziegen- oder Schafpelz sind die wichtigsten Stücke der Nationaltracht.
Von großem Interesse sind merkwürdige, noch ungenügend erklärte Altertümer, die sogen. Nurhags (s. d.), 10-20 m hohe Steinkegel
mit mehreren Kammern übereinander. Es sind deren noch immer gegen 3000 vorhanden. Um die Volksbildung ist es noch schlecht
bestellt; 83 Proz. der Gesamtbevölkerung können weder lesen, noch schreiben.
Auch die Wissenschaften liegen trotz der zwei Universitäten (zu Cagliari und Sassari) ganz danieder. Industrie existiert bei
den geringen Bedürfnissen der Sarden kaum, nur die Tabaksindustrie ist etwa zu nennen.
Die ältesten Einwohner von S., die Sarden, waren vermutlich iberischen Stammes und wegen ihrer Bosheit und Trägheit berüchtigt
(daher Sardi venales, feile Sarden). Die ersten fremden Ansiedler waren die Etrusker, seit dem 6. und 5. Jahrh.
v. Chr. die Karthager, deren bedeutendste Niederlassungen Caralis (jetzt Cagliari) und Sulci auf einer Insel im Südwesten waren.
Die Griechen gründeten Neapolis an der West- und Olbia an der Nordostküste, konnten aber ihre Unabhängigkeit gegen die Karthager
nicht behaupten.
Von den empörten karthagischen Mietstruppen zu Hilfe gerufen, landeten 240 die Römer
[* 21] auf der Insel und
eroberten Olbia. GajusSulpicius schlug später eine vor S. stationierte karthagische Flotte und eroberte während des karthagischen
Söldnerkriegs den größten Teil der Insel (238). Die Insel bildete fortan, mit Corsica vereinigt, eine römische Provinz. Aber
erst um 120 gelang es den Römern, die Insel völlig zu unterwerfen. Im J. 40 ward die Insel von Menas, dem
Freigelassenen
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des S. Pompejus, erobert und gegen die Triumvirn behauptet. Später übergab Menas die Insel Oktavian. Tiberius versetzte 4000 Juden
und Ägypter hierher, und Nero benutzte S. als Verbannungsort. Im 5. Jahrh. bemächtigten sich die Vandalen der Insel und verpflanzten
mehrere tausend Numidier dahin. Der Herrschaft der Vandalen machte der römische FeldherrMarcellinus ein
Ende, und nach dem Sturz des Vandalenreichs in Afrika
[* 23] (534) kam S. unter die Herrschaft der byzantinischen Kaiser und gehörte
zur Präfektur Afrika. 720 besetzten die Sarazenen die Insel, wurden zwar bald wieder vertrieben, eroberten sie aber gegen Ende
des 9. Jahrh. vollständig.
Nachdem 1004 der PapstJohann XVIII. die christlichen Mächte zur EroberungSardiniens aufgerufen und es
im voraus demjenigen als Eigentum verliehen hatte, welcher die Sarazenen vertreiben würde, ging 1005 Pisa,
[* 24] wohin zahlreiche
Sarden nach der sarazenischen Eroberung geflüchtet waren, ans Werk derEroberung, siegte aber völlig erst 1007. Bereits 1015 kehrten
zwar die Sarazenen wieder und schlugen die Pisaner. Die Genuesen verbündeten sich jedoch sodann mit diesen,
und 1022 war die Insel wieder im Besitz der Pisaner.
Die nun folgende tyrannische Regierung der pisanischen Richter sowie die Eifersucht der Pisaner und Genuesen, welche sich um
die Oberherrschaft der Insel stritten, machten letztere zum Schauplatz blutiger Fehden. 1164 erhob KaiserFriedrich I. S. zum Königreich, indem er einen angesehenen Sarden, Boruson, einen Günstling der Genuesen, zum König krönte,
der sich aber nicht lange behauptete. 1190 eroberte mit Hilfe der Pisaner der MarkgrafWilhelm vonMassa die ProvinzenCagliari
und Arborea und gelangte trotz einer 1194 von den Genuesen erlittenen Niederlage allmählich in den Besitz
der ganzen Insel. Seine Tochter Benedicta (gest. 1224) ward aber von UbaldoVisconti verdrängt, der sich nun der Insel größtenteils
bemächtigte. Er starb 1238. Seine Witwe Adelasia heiratete den natürlichen Sohn des KaisersFriedrich II., Enzio, den sein
Vater zum König von S. machte.
Lamarmora, Voyage en
Sardaigne 1819-25; description statistique, physique et politique (2. Aufl., Par.
1837-1857, 5 Bde.; Bd. 4 u. 5 auch
als »Itinéraire«, Tur. 1860, 2 Bde.);
(ital. Sardegna, frz. Sardaigne, span.
Cerdėña), ital. Insel im Mittelmeer, die zweitgrößte desselben, 12 km südlich von Corsica, von diesem durch die Bonifaciusstraße
getrennt, im O. vom Tyrrhenischen und im W. vom SardinischenMeer bespült, nach SO. im KapCarbonara 279 km
von Sicilien (Trapani) und nach S. im Kap Spartivento 183 km von Tunesien entfernt, zwischen 38° 52' und 41° 16' nördl. Br.
und 8° 8' (Kap dell' Argentiera) bis 9° 50' (Kap Comino) östl. L. von Greenwich, bildet ein verschobenes Viereck,
[* 31] von N. (Punta Falcone) nach S. (Kap Teulada) 269 km lang. im N. breiter (132 km) als im S. (108 km), ist wenig gegliedert,
am meisten im N. (Golf dell'Asinara, nordöstlich: di Arsachena, Congianus und Terranova) und S. (Golf von Cagliari und von
Palmas), wogegen die langen Küsten im W. und O. je nur einen größern Golf (von Oristano und Orosei) besitzen
und hat einige Inseln an der Küste: im NW. dell'Asinara, im NO. eine Gruppe um den Kriegshafen Maddalena sowie einige Eilande
an den Eingängen in die Golfe von Congianus und Terranova (das größte Tavolara) und an der Südwestküste
Sant' Antioco und San Pietro. (S. Nebenkarte auf Karte: Unteritalien, Bd. 9,
S.741.) Mit diesen Inseln umfaßt S. 24078 qkm, hatte 1881: 682002, nach einer Berechnung vom 741362 E., mithin 31 E.
auf 1 qkm, weniger als jedes andere Compartimento Italiens.
[* 32] Der Nordteil bildet die Provinz Sassari mit 5 Kreisen
(Alghero, Nuoro, Ozieri, Sassari, Tempio Pausania) und 107 Gemeinden, der Südteil die ProvinzCagliari mit 4 Kreisen (Cagliari,
Iglesias, Lanusei, Oristano) und 257 Gemeinden. Hauptstadt ist Cagliari.
Die Oberfläche ist zu neun Zehnteln gebirgig. Am Nordende ist zertrümmerte Kalkformation wie auf Corsica. In der nördl.
Hälfte streichen die
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Gebirge von NO. nach SW. mit Ausnahme des westlichsten Teils, La Nurra, wo ein vereinzelter meridionaler Höhenzug sich bis 464 m
erhebt. Im nördlichsten Gebiet Gallura beginnen die erste Reihe die Monti di Ultanas am Golf Congianus, es folgen die Monti
Limbara (1359 m) und das Bergland bis zum Kap Marrargiu (Punta Pittada 770 m) an der Westküste, im W. die
Ebene westlich von Sassari und in der Mitte die Ebene Logudoro übrig lassend. Hinter dieser streicht die zweite Kette, beginnend
am Golf von Terranova und dem Kap Coda Cavallo mit den Monti Nieddu (950 m), daran schließen der Monte-Acuto,
der Monte-Rasu (1259 m), Catena del Marghine (Monte-San Padre 1050 m) und endlich nördlich von Oristano der Monte-Urticu (1054
m) oder Ferru.
Ein dritter kürzerer, im Quellgebiet des Tirso mit dem vorigen verbundener Zug
beginnt mit dem Monte-Alvo (1128 m) und reicht
bis an den Tirso; dem Monte-Alvo liegen östlich bis Kap Comino noch kleine Parallelketten vor. Den mittlern
Teil der Osthälfte von S. beherrschen die aus Granit bestehenden Monti Gennargentu, der wildeste und höchste Teil der Insel,
die Barbagia, die in der Punta Bruncu Spina (1940 m) gipfeln und am Oststrande, am Golf von Tortoli, die kleine Ebene Ogliastra
freilassen.
Südlich vom Flumendosa bis zum KapCarbonara liegt das ödeste, menschenleerste Gebirgsland von S. (lat. Sarrabus), in der
Punta di Serpeddi 1075 m ansteigend. Die große fruchtbare Ebene Campidano, vom Golf von Cagliari bis über Oristano hinausreichend,
endet beiderseits in mehrern salzigen Strandseen (Stagni), den größten der Insel, und trennt ein südwestl.
Gebirgsland ab, das durch den Sixerri in zwei Teile zerfällt, der südliche (lat. Sulcis), in der Punta-Severa 989 m hoch,
und der Gebirgsstock nördlich von Iglesias im Monte-Linas 1235 m emporragend.
Die zahlreichen Flußläufe sind kurz, oft wasserleer und keiner schiffbar. Im N. sind der die nördl.
Gebirgsreihe durchbrechende und zum Golf dell' Asinara gehende Coghinas und Liscia in Gallura die bedeutendsten; im O. die
zwischen zweiter und dritter Kette fließende Posada, der aus Mannu und Isalle entstehende Orosei und der vom Gennargentu
nach S. gehende Flumendosa (lat. Saeprus) zu nennen. In denStagno di Cagliari geht der Samassi mit dem Mannu
(links) und Sixerri (rechts) und im W. mündet unterhalb Oristano der größte sardin. Fluß, Tirso (Thyrsus der Alten), sowie
Mannu und Temo (bei Bosa).
Das Klima ist sehr heiß, zuweilen regnet es in 4-5 Monaten nicht, vom Juli bis Ende Oktober herrscht Malaria, hier Intemperie
genannt, so daß selbst die Bergwerke verlassen werden. Diese befinden sich in der Hauptsache bei Iglesias; Montevecchio und
Monteponi liefern Blei, letzteres auch Zink, La Duchessa und Buggeru Galmei, Montenarba Silber und Su Suergiu Antimon. Die Bergwerksprodukte
bilden den größten Teil der Ausfuhr, wozu noch das viele aus den Strandseen gewonnene Salz
[* 34] kommt.
Mineralbäder sind in Sardara (mitten zwischen Cagliari und Oristano) und Fordungianus am Tirso unterhalb der Mündung des Araxisi,
dieses steht auf Resten des Forum
[* 35] Trajani, hat eine heiße Quelle
[* 36] und Ruinen antiker Thermen. In denGebirgen ist noch viel Wald
(etwa ein Fünftel der Oberfläche), er besteht aus Eichen (fünf Arten), Kastanien, Hopfenbuchen und Kiefern
(zwei Arten), wozu an der
Nordküste auf den Affadillwiesen Gestrüppe von Zwergpalmen kommen. Die Bodenproduktion ist reich,
doch ist der Boden vielfach nicht angebaut, da die Bevölkerung nicht ausreicht, doch wird Öl von Bosa ausgeführt und Wein
in verschiedenen, den spanischen ähnlichen Sorten, wie Malvasier von Bosa, von Pirri und Quarto bei Cagliari,
Nasco, Monaco,
[* 37] Muragus von Cagliari, Vernaccia von Oristano, der rötliche Giro u. a. In Milis, nördlich von Oristano, am Südfuß
des Monte-Ferru, befinden sich herrliche Orangengärten mit gegen 300000 Bäumen. Die Tierwelt entspricht der des ital. Festlandes,
nur findet sich besonders im östl. Teil am Monte-Serrane das Mouflon (Mufflon, Ovis Musimon Schreb.),
von Haustieren das einhufige Schwein
[* 38] und der sardin. Hund. Pferde
[* 39] gab es 1875: 51919, Rindvieh 172561, Ziegen 221317, Schweine
[* 40] 81384, Schafe 572689 Stück.
S. ist dünner bevölkert als irgend ein anderes Compartimento Italiens.
Die Bevölkerung, durchaus katholisch, ist seit Jahrhunderten niedergedrückt durch die meist span.
Barone und durch die Hierarchie, denen der größte Teil des fruchtbaren Bodens gehörte, bis 1836-37 durch
Abschaffung der Patrimonialgerichte und Frondienste und 1838-47 durch Ablösung der drückendsten Grundlasten und Abgaben Besserung
eintrat. Die Bewohner sind meist Italiener, aber gemischt mit Spaniern und andern Völkern, daher die Sprache,
[* 41] die übrigens
noch manche lat. Formen bewahrt hat, ein dem Spanischen verwandter Dialekt ist.
Besonders zahlreich sind catalon. Bevölkerungselemente in und um Alghero (Provinz Sassari). Der Sarde gleicht sehr dem Corsen,
er ist ernst, würdevoll, gastfrei, arbeitsam, geweckt, aber auch rachsüchtig;
er trägt Kleider von gegerbtem Leder und
Wolle und selbst im heißen Sommer Schafpelze zum wirksamen Schutz gegen die Malaria;
er treibt Ackerbau
und Viehzucht, aber nicht Schiffahrt oder Fischfang;
Engländer, Franzosen, Genuesen und Sicilianer fischen gegen Pachtzahlungen
in seinen Gewässern;
Über die Eisenbahnen s. Italienische Eisenbahnen. Dampfer der Navigazione generale Italiana verbinden Cagliari wöchentlich
dreimal mir Livorno,
[* 42] einmal direkt, einmal über Maddalena, Kap Figari (Golf degli Aranci) und die Häfen
der Ostküste und einmal über Bastia, Porto Torres, Alghero und die Häfen der Westküste, ferner wöchentlich einmal mit Neapel,
mit Palermo,
[* 43] mit Tunis
[* 44] und mit Kap Figari, das täglich mit Civitavecchia verbunden ist. Eingeführt werden besonders Kolonial-,
Baumwoll-, Wollwaren und Steinkohlen.
Durch seine Altertümer ist S. besonders merkwürdig, weniger durch die Reste aus karthag. und röm.
Zeit oder dem Mittelalter, als durch die aus
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vorgeschichtlicher Zeit. Die kegelförmigen, 12-20 m hohen, unten 10-30 m Durchmesser dicken, aus ungeheuren (unbehauenen
oder auch zugerichteten) Steinen erbauten Nurhags (s. d.) sind zu Tausenden, gewöhnlich auf Anhöhen in Gruppen (bis
200), die meisten bei Macomer, erhalten (vgl. Spano, Memoria sopra i Nuraghi di Sardegna, Cagliari 1867); ferner die Riesenbetten,
Tumbas de los Gigantes, viereckige, aus Steinen geschichtete, 5-11 m lange, 1-2 m breite Grabmäler. Seltener sind die den
kelt. Menhirs und Dolmen entsprechenden Steindenkmäler, die Perdas fittas und Perdas lungas.
Geschichte. Die Insel S. hieß bei den Griechen Sardō, bei den Römern Sardinia, daneben kommen die NamenIchnusa oder
Sandaliotis, nach ihrer fußsohlenähnlichen Form vor. Die Bewohner, abgesehen von den Corsen auf der Nordspitze, Sarden,
sind von den Alten bereits als ein eigenartiger Volksstamm erkannt worden, waren aber ihnen schon ein Rätsel, sie werden
bald als Libyer, bald als Iberer, bald als Ligurer bezeichnet. Eine Einwanderung von Libyen aus ist bei
der LageS.s ganz glaublich; sprachliche Anzeichen scheinen für die iberische Nationalität und Verwandtschaft mit den Corsen
zu sprechen.
Die Sarden waren ein seemächtiges, kriegerisches Volk. Als besondere Völkerschaft erscheinen in dem gebirgigen Osten die
Iolaer oder Ilier (von den Alten deshalb mit Ilion in Beziehung gebracht). Die griech. Kolonien der Phocäer,
die Massalia gründeten, vielleicht auch später der Massalioten selbst, namentlich Olbia (jetzt Terranova), scheinen von keiner
langen Dauer gewesen zu sein. Später, seit 500 v. Chr., legten die Karthager an der Südküste die Handelsniederlassungen
Caralis und Sulchi oder Sulci an, von wo aus diese allmählich ihre Herrschaft über die Küsten ausdehnten.
Im J. 379 versuchten die Insulaner vergeblich das fremde Joch abzuschütteln.
Nach dem ersten Punischen Kriege kam S. 238 von den Karthagern in die Gewalt der Römer und bildete mit Corsica eine Provinz
mit der Hauptstadt Caralis (jetzt Cagliari), wurde jedoch 215, 181 und 115 v. Chr. durch gewaltige Aufstände
der Bergbewohner erschüttert. Das Innere ist nie ganz unterworfen worden und bildete eine Art von Sklavenjagdgebiet für
die röm. Statthalter. Die Kornausfuhr war im Altertum bedeutend, auch Viehzucht und Bergbau von Wichtigkeit. In der Folge war
S. im Besitze der Vandalen seit 458, der byzant.
Kaiser seit 533 n. Chr., der Sarazenen seit Mitte des 8. Jahrh.,
um 1016 fast ganz in dem des Mugahid, Emirs der Balearen, seit 1007 und nach abermaliger Eroberung durch die Sarazenen (1022)
der Pisaner (seit 1052), bei welchen Wechseln der Herrschaft es an langen und blutigen Kämpfen nicht fehlte. Die Pisaner
setzten zur Regierung des Landes vier Richter in Cagliari, Torres (Logudoro), Gallura und Arborea ein, welche
sich bald nicht nur große Macht, sondern auch die Erblichkeit ihrer Würde verschafften.
Mit Unterstützung der Genueser gelang es dem Richter Bariso (Boruson) von Arborea, sich zum Oberherrn der ganzen Insel zu machen,
die nun KaiserFriedrich I. 1164 zu einem Königreiche erhob. Nach mancherlei innern Wirren machte KaiserFriedrich II. seinen natürlichen Sohn Enzio (s. d.) zum Könige von S. Nach dessen Gefangennehmung durch die Bologneser bemächtigten
sich 1250 wieder die Pisaner der Insel, mit Ausnahme von Arborea. Papst Bonifacius VIII. maßte sich die
Oberlehnsherrlichkeit
über das Königreich an und belehnte damit und mit der Insel Corsica 1296 den König Jakob II. von Aragonien; doch erst 1324 gelangte
dieses Haus zum ruhigen Besitz der Herrschaft, über Arborea erst 1386. Bald war S. wieder der Schauplatz vieler Empörungen
und verwüstender Bürgerkriege. Die Giudichessa Elonora von Arborea (gest. 1404) zeichnete sich durch
Verleihung des Gesetzbuchs Carta de logu aus, dessen Geltung 1421 durch Alfons von Aragonien über die ganze Insel ausgedehnt
wurde.
Mit Ferdinand dem Katholischen hörte die VerwaltungS.s durch einheimische Fürsten auf, und es traten span. Vicekönige an
deren Stelle. Es gehörte nun zu Spanien,
[* 46] bis es im Spanischen Erbfolgekriege 1708 von den Engländern für
Österreich erobert und besetzt wurde. Im Utrechter Frieden von 1713 wurde die Insel förmlich dem Hause Österreich zugesprochen.
König Philipp V. von Spanien eroberte sie zwar 1717 wieder; doch mußte er sie alsbald, durch Frankreich, England und Österreich
genötigt, aufs neue abtreten. Hierauf trat Österreich gegen Sicilien, das der Herzog Victor Amadeus II.
von Savoyen im Utrechter Frieden als Königreich erhalten hatte, 1718 (1720) die InselS. an diesen ab. Seit dieser Zeit bildete
sie mit Savoyen und Piemont u. s. w. das Königreich Sardinien (s. d.).
Litteratur.
Vgl. Graf Alberto Ferrero de La Marmora, Voyage en Sardaigne ou description statistique, physique
et politique de cette île (2. Aufl., 5 Bde.,
Par. und Tur. 1839-60, nebst Atlas;
[* 47] Bd. 4 u. 5 auch besonders u. d. T.: Itinéraire de l'île de Sardaigne (Tur. 1860);
E. Pais,
La Sardegna prima del dominio romano (hg. von der Accademia dei Lincei, Rom
[* 48] 1881);
Bulletino archeologico
sardo (hg. von Spano 1855-64, von Pais 1884-87);
von 1718 (1720) bis 1860 Name eines Königreichs in Italien, das außer der InselSardinien (s. d.)
auf dem Festland die Herzogtümer Savoyen, Aosta, Montferrat und (seit 1815) Genua, das Fürstentum Piemont und die Grafschaft
Nizza
[* 49] umfaßte, im ganzen 76000 qkm mit (1857) 5167542 E. (S. Historische Karten von Italien, Bd. 9, S. 756.) Davon wurden
zur AbfindungFrankreichs 1860 Savoyen und Nizza verwendet, das übrige ward 1860/61 ein Teil des Königreichs
Italien (s. Italien, Geschichte), in dem es jetzt die Provinzen Sassari und Cagliari auf S. und Turin,
[* 50] Cuneo, Porto-Maurizio, Genua,
Alessandria und Novara auf dem Festland bildet.
Nachdem schon das 13. Jahrh. in Enzio (s. d.) einen König von S. gesehen hatte, wurde die seit 1296 unter
aragonisch-span., seit 1707 unter österr. Herrschaft befindliche Insel aufs neue 1718 zum Königreich erhoben zum Zweck der
Entschädigung Victor Amadeus' II. von Savoyen (s. d.), welchem im Utrechter Frieden (s. d., außer der Abrundung
seines ererbten Gebietes auf dem Festland Sicilien mit der Königskrone zugesprochen worden war. Zwei
von Alberoni (s. d.) Aug. 1717 ausgesandte Flotten nahmen aber vorübergehend
sowohl Sicilien als S. in Besitz, und als England an der Spitze der Quadrupelallianz die Spanier von den Inseln wieder verdrängt
hatte, mußte sich Victor Amadeus an StelleSiciliens, das an Österreich kam, mit dem minderwertigen S. begnügen; diese Festsetzungen
¶