Freiheit
,
im gewöhnlichen Sprachgebrauch der
Ausdruck für den Zustand der Unabhängigkeit; so spricht man vom freien
Schwung eines
Pendels, vom freien
Fall der
Körper, vom freien
Verkehr etc. Beide Merkmale der Freiheit:
Abwesenheit des
Zwanges und
Willkür der
Bewegung, behielt man bei, als man den
Begriff der Freiheit
im politischen und moralischen
Sinn nahm.
Die politische Freiheit
besteht darin, daß die Staatsgesellschaft nicht von der
Willkür andrer, sondern von dem zum
Gesetz erhobenen
Gesamtwillen aller abhängt, also nicht
Abwesenheit aller
Schranken, sondern nur der von der
Willkür und
Selbstsucht
andrer gezogenen, nicht die Erlaubnis, alles zu thun, was man will, sondern die willige Unterwerfung des eignen
Willens unter
den Gesamtwillen des
Staats ist.
Ebensowenig kann die sittliche, richtiger geistige in die Abwesenheit aller bestimmenden Bewegungsgründe des Willens oder in das Vermögen gesetzt werden, allen Willensbestimmungen zu widerstehen. Das Sittengesetz liegt in der Vernunft vor und macht sich geltend als Regel des Handelns; die Meinung, als ob wir die Macht hätten, nach Willkür entweder das Gesetz zu erfüllen, oder es zu übertreten, ist eine Täuschung, indem man die physische Möglichkeit der Handlung mit der moralischen verwechselt und glaubt, man habe die letztere, weil man die erstere hat.
Das Wollen in einzelnen Fällen hängt ab von unserm ganzen sittlichen Zustand, in welchem wir uns befinden; es ist Selbsttäuschung, wenn man meint, man könne in jedem einzelnen Fall das Gute oder auch das Böse nach Belieben wollen; eine solche Wahl findet nur in den wenigen Fällen statt, wo die Gründe für das eine oder das andre im Gleichgewicht [* 2] zu stehen scheinen, und auch dann erfolgt die Entscheidung erst, wenn durch Nachdenken oder nähere Prüfung die Macht der Beweggründe sich auf die eine oder die andre Seite neigt.
Wenn nun aber die Freiheit
unsers
Geistes nicht in dem
Vermögen einer willkürlichen, von keinen
Beweggründen
abhängigen
Wahl besteht, so kann sie nichts andres sein als das
Vermögen des
Menschen, sich unabhängig von allen seinem wahren
geistigen
Wesen, seinem
Ich, fremden Bestimmungsgründen, rein durch sich selbst, d. h. nach den ihm als
Geist innewohnenden
Gesetzen, zu bestimmen, mit andern
Worten, sich mit voller Selbständigkeit als
Geist zu offenbaren. Diese
Freiheit
ist nichts andres als das
Vermögen des
Menschen, die sinnlichen Antriebe zu beherrschen und sein
Wollen, ja sein gesamtes
Geistesleben ebensowenig der
Laune des Ungefährs wie einer physischen
Notwendigkeit unterzuordnen, das
Vermögen, vernünftig
und nach dem
Gesetz der Vollkommenheit zu leben, nicht, wie das
Tier, einem blinden
Trieb oder, wie z. B.
der Ehrgeizige, Habsüchtige etc., einer beherrschenden
Leidenschaft zu unterliegen. Die griechischen
Weisen erkannten dieses,
indem sie sagten: »Nur der
Weise ist frei, der
Thor ist ein Sklave«. S.
Wille und
Determinismus. Über die religiöse
Freiheit
s.
Religionsfreiheit.
Vgl. Romang, über Willensfreiheit und Determinismus (Bern [* 3] 1835);
Herbart, ¶
mehr
Zur Lehre
[* 5] von der Freiheit
des menschlichen Willens (Götting. 1836).